Kommentar:Reichlich verfahren

Die Diskussion um den Umbau der Rosenheimer Straße steckt in der Sackgasse - und es ist niemand in Sicht, der eine Patentlösung parat hat, die alle Akteure zufriedenstellt

Von Thomas Kronewiter

Aus diesem Dilemma müssen sie erst einmal alle miteinander wieder herauskommen: Das rot-schwarze Rathaus-Bündnis, das den Anstoß zur Überplanung der Rosenheimer Straße gegeben hat, die Verwaltung, deren nun schon zweiter Entwurf im Viertel und bei zahlreichen Umwelt- und Verkehrsverbänden zerpflückt wird, und die Aktivisten aus dem Viertel, deren Vorschläge von reiner Blockadehaltung über nachdenkenswerte Ansätze bis hin zu illusionären Ideen eine ordentliche Spannbreite überbrücken.

Zugegeben: Eine Verbesserung für die Rosenheimer Straße, die allen nützt und keiner Interessengruppe schadet, hat noch niemand vorgeschlagen. Zu schwierig ist das Problem, zu eng sind die Straßenquerschnitte, zu viele Autos, Radfahrer und Passanten sind im Abschnitt zwischen Rosenheimer Platz und Orleansstraße unterwegs. Ein Verzicht auf Auto-Fahrspuren dürfte nicht durchsetzbar sein, eine Lösung, welche die äußeren Fahrspuren nur zum Abbiegen nutzt, ist zu kompliziert, gegen zu enge Radspuren und Fußwege werden sich wie schon einmal die Experten im Kreisverwaltungsreferat sperren.

Bleiben drei denkbare Möglichkeiten: Variante eins setzt die aktualisierte Verwaltungslösung im Rathaus durch, wie sie in der Einwohnerversammlung für Haidhausen und wenige Tage später im Bezirksausschuss allerdings durchgefallen ist. Das würde sofort den Vorwurf der Bürgerfeindlichkeit nach sich ziehen. Variante zwei lässt baulich alles, wie es ist, und probiert die von den Bürgern angeregte Temporeduzierung aus. Das zieht sofort Proteste der Autofahrer und ihrer Lobby nach sich. Wobei noch nicht klar ist, ob die gesetzlichen Rahmenbedingungen eine solche Anordnung für diese bedeutsame Verkehrsachse überhaupt zulassen. Und Variante drei macht einen Mediationsversuch - also etwa an einem runden Tisch, frei jeder Geschäftsordnung, aber mit allen wesentlichen Interessengruppen und allen Akteuren aus Politik und Verwaltung - mit der Auflage, so lange zu verhandeln, bis man sich geeinigt hat. Ob sich dafür die Kraft und Geduld, aber auch die nötige Kompromissbereitschaft finden, darf ebenfalls bezweifelt werden.

Also spricht derzeit viel dafür, dass zumindest alle baulichen Pläne für die Rosenheimer Straße zurück in die Schublade wandern. Wer in dieser verfahrenen Situation eine Lösung durchdrückt, muss viel Durchsetzungskraft mitbringen. Ordentlich Prügel beziehen wird er in jedem Fall.

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