Kommentar:Nicht nur Profis sprühen vor Fantasie

München, das steht bei dem nun geplanten Graffiti-Festival zu befürchten, geht mal wieder einen eigenen, sorgsam gesteuerten Weg

Von Thomas Kronewiter

Der gemeine Sprayer hat es schwer an der Isar - wobei das Adjektiv in diesem Fall im doppelten Sinne verstanden werden darf. Denn nicht wenigen ordnungsliebenden Großstädtern ist es ein Graus, wenn sie gestern noch saubere Wände plötzlich über Nacht mit schreiend bunten Farben verunstaltet sehen. Was diese Zeitgenossen als gemeine Attacke auf die adrette Nachbarschaft betrachten, zwingt gewöhnliche Sprühdosen-Fans meist in den Schutz der Dunkelheit, nötigt sie, Zäune zu missachten und Mauern zu überspringen, um auf mitunter illegale Weise ihrem Hobby zu frönen.

Nun gäbe es die Chance, eine weiße Wand dieser urbanen Kunstform legal zur Verfügung zu stellen, wobei das eigentliche Charakteristikum von Graffiti ja ist, dass sie ungesteuert, zumeist unter Pseudonym und ohne Genehmigung auf die Oberflächen gesprüht werden. In Berlin, wohl der deutschen Graffiti-Hauptstadt, lassen sich allerorten solche Beispiele finden. Nicht nur auf den Resten der ehemaligen Mauer, sondern auch inmitten der Großstadt-Silhouette, nicht immer erwünscht, fast immer aber kreativ.

München, das steht bei dem nun geplanten Graffiti-Festival zu befürchten, geht nun wieder einen eigenen, sorgsam gesteuerten Weg. Dass Münchens Platzhirsch, der immer wieder gern ins Spiel gebrachte Loomit, sein Plätzchen bekommt, ist natürlich gesetzt. Und auch alle anderen Graffiti-Größen werden ihr Stück vom Kuchen abbeißen. Der gemeine, anonyme, unbekannte Graffiti-Sprayer - er könnte am Ende wieder leer ausgehen.

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