Kommentar:Leben für einen magischen Ort

Das Rugby-Turnier war die erste Sportveranstaltung seit langem im Olympiastadion. Das hat sich erneut als eine der schönsten Sportstätten erwiesen, in der unbedingt mehr Großveranstaltungen stattfinden sollten

Von Christian Krügel

Viel verdient dürften die Veranstalter des Rugby-Turniers nicht haben. Obwohl sie internationale Top-Teams holten, kamen nur 21 000 Zuschauer zu den Spielen. Und doch haben sich die Organisatoren einen Verdienst um München erworben. Sie haben es geschafft, einen der wenigen magischen Orte dieser Stadt für zwei Tage wiederzubeleben. Und den Münchnern zu zeigen: Ihr Olympiastadion ist noch immer eine der schönsten Sportstätten der Welt.

Obwohl die Massen ausblieben, feierten die Fans aus Australien, Südafrika und Europa fröhlich, friedlich und ausgelassen, als ginge es um ein Olympia-72-Revival. Und wie damals hat die offene, luftige Architektur im Flutlicht diese Stimmung befördert. Technisch kann das Olympiastadion mit den neuen Fußball-Kommerz-Arenen nicht mehr mithalten: Vieles in der Betonschüssel ist marode, im Sanitär- und Gastrobereich riecht man leider auch den Charme von 1972. Doch zum bloßen Museum darf dieses Stadion dennoch nicht verkommen. Es ist gebaut, nicht nur Sport, sondern auch Begegnung möglich zu machen. Und dass dies noch immer funktioniert, zeigen die begeisterten Reaktionen der Rugby-Spieler aus aller Welt.

Der Münchner Stadtrat hat immerhin eine Sanierung beschlossen, die leicht 80 Millionen Euro kosten und das Stadion modernisieren und behindertengerecht ausbauen wird. Das allein reicht aber nicht. Stadt und Olympiapark müssen mehr und aktiver als bisher versuchen, wieder große Sportveranstaltungen nach München zu holen. Denn wohlgemerkt: Das Rugby-Turnier vom Wochenende ging auf eine private Initiative zurück, nicht darauf, dass die Stadt sich um ein solche Ereignis bemüht hätte. Das sollte sie aber dringend tun, wenn es um Bewerbungen für große Leichtathletik-Events oder die Olympischen Jugendspiele 2023 geht - einen besseren Ort dafür dürfte es kaum geben. Und die Rückkehr des Fußballs sollte nicht am fehlenden Geld für eine Rasenheizung scheitern. 1860 München braucht einen Plan für sein Comeback in den Profi-Fußball - und dieses Stadion braucht Leben.

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