Kommentar:Hier wird fürs Große geübt

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Nur ein Ausweichquartier? Was der Gasteig in Sendling plant für die Zeit seiner Sanierung, sieht nach deutlich mehr aus. Hier bringen sich namhafte Experten mit ein und in Stellung für das eigentliche Großprojekt: den Umbau des Kulturzentrums

Von Susanne Hermanski

Das renommierte Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner und der Akustiker Yasuhisa Toyota werden die Interimsphilharmonie in Sendling bauen. Beides sind Namen wie Paukenschläge - und nicht etwa Triangelgebimmel. Wer hinhört, vernimmt die Signale. Wenn solch namhafte Vertreter ihres Fachs sich mit etwas befassen, was eigentlich mit "Ausweichquartier" und "Interimslösung" beschrieben ist, dann will das etwas heißen: Das Projekt ist trotz aller impliziten Vergänglichkeit offenbar sehr attraktiv, weil es über sich hinaus weist.

Noch geht es nur um das Areal an der Hans-Preisinger-Straße, bald wird es wieder um das eigentliche Thema gehen, den Gasteig selbst. Sowohl architektonisch als auch konzeptionell kann man nun im Kleinen üben, was im Großen bald zu Münchens großem Leuchtturmprojekt werden soll: eine neue Philharmonie an der Isar, eingebettet in das größte Kulturzentrum Europas, das dann, wenn es fertig ist, diese Namen auch verdient. Dann wird es nicht mehr nur um eine Bausumme von 30 Millionen Euro plus X gehen wie beim Ausweichquartier. Dann wird es um beinahe eine halbe Milliarde gehen. Wer da jetzt schon seine Visitenkarte abgibt, wer sich einarbeitet, der bringt sich in die beste Ausgangsposition.

Für Gasteig-Chef Max Wagner geht es dabei auch um inhaltliche Aspekte. Sein Ziel ist es, die Interimsphilharmonie in Sendling so an die anderen Institutionen anzubinden, wie es bisher im Gasteig nicht möglich war, wo zwei separate Eingangshallen Bibliothek und Konzertbereich grundsätzlich trennten. "Dies in der Zwillingshalle von Sendling zu überwinden, ist unser Gesellenstück", sagt er. Und dieses Verschmelzen der Institutionen und ihrer Kulturen ist für ihn hoch programmatisch. Gerechtfertigt ist aber auch die Hoffnung, dass in Sendling eine gute alte Regel greifen könnte: Nichts hält länger als ein Provisorium. Nicht etwa, dass sich ein Mensch wünscht, der Gasteig solle nie mehr an seinen angestammten Platz zurückkehren. Aber wünschen darf man sich schon, dass nie wieder die ursprünglichen Pläne für das Areal in Sendling aufgegriffen werden. Nämlich dass dieses Filetstück in Stadt- und damit Bürgerbesitz einmal verkauft werden und in die Hände rein privater Investoren geraten könnte.

© SZ vom 27.04.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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