Kommentar:Gestaltung statt Gewürge

Die SPD und OB Reiter haben nicht viel Lust auf eine weitere Kooperation mit der CSU - doch für die Zukunft der Stadt gibt es derzeit wohl keine Alternative

Von Heiner Effern

Wenn die Zahl der Therapietreffen etwas über den Zustand einer Beziehung aussagt, dann wird das nichts mehr mit einer vernünftigen Zusammenarbeit von CSU und SPD im Rathaus. Am Freitag kommen deren Spitzen wieder einmal zusammen, um sich gegenseitig zu bescheinigen, dass es so nicht weitergeht. Mit der höchstwahrscheinlichen Folge, dass es genau so weitergeht, oder noch schlimmer. Doch nicht nur die angeknackste Atmosphäre wird auf der Tagesordnung stehen, sondern auch die Frage, ob und wie intensiv die Partner in der zweiten Hälfte der Wahlperiode inhaltlich zusammenarbeiten wollen.

Ein deutliches Zeichen wäre es, wenn sie einen neuen Kooperationsvertrag für die kommenden drei Jahren erarbeiten würden. Die wichtigsten Vorhaben aus der aktuellen Abmachung von 2014 sind abgearbeitet. Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) zeigt jedoch wie nicht wenige Stadträte von CSU und SPD derzeit keine große Lust darauf. Er fühle sich nun gefestigt genug, sich seine Mehrheiten auch frei zu suchen, sagt er.

Solch ein demonstratives Selbstbewusstsein kann aber auch Gefahren bergen. Brüskieren Reiter und seine SPD die CSU zu oft und massiv, wird sie nachvollziehbar auf stur stellen. Das macht Reiter erpressbar, denn die potenziellen kleinen Partner wissen dann, dass er sie unbedingt braucht. Die ÖDP könnte ihn zum Beispiel daran erinnern, dass sie ohne einen schnellen Ausstieg der Stadtwerke aus der Steinkohleverbrennung nichts machen kann. Die Grünen bereiten ein Bürgerbegehren für neue Radwege vor und haben sicher noch weitere Ideen, was sie sich etwa für die Verabschiedung eines Haushalts von der SPD wünschen könnten. Es droht eine Politik wie auf dem Basar. Ein Gewürge, das die Stadt lähmt, statt sie zukunftsfähig zu machen. Da sollte sich eine streitlustige Koalition doch lieber auf ein paar grundlegende Ziele einigen und im Quartalstakt zum Therapeuten gehen.

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