Kommentar:Freistunde statt Freistil

Der Landkreis sollte mehr Geld für Bäder ausgeben, denn Schwimmunterricht kann Leben retten

Von Sabine Wejsada

Es gibt kaum eine andere Fertigkeit, die so lebensnotwendig ist wie das Schwimmen. Wer ins Wasser fällt und nicht imstande ist, den Kopf oben zu halten, hat keine Chance. Dass der Schwimmunterricht auf dem Stundenplan der Grundschulen genausoviel Gewicht hat wie das Schreiben, Lesen und Rechnen kommt nicht von ungefähr. Was sich in der Theorie so selbstverständlich anhört, scheitert in der Praxis aber meist an den Gegebenheiten, auch im Landkreis München: Die Zahl der vorhandenen Schwimmbäder ist überschaubar, viele Schulen müssen für den Wassersport weit fahren und sich die ohnehin geringen Schwimmzeiten mit anderen teilen. Und ganz oft fällt der Unterricht mangels Möglichkeiten komplett aus. Freistunde statt Freistil. Kein Wunder also, dass bundesweit nicht einmal jedes zweite Kind im Alter von zehn Jahren schwimmen kann. Tendenz steigend.

Vor diesem Hintergrund ist der Antrag der Grünen, der Landkreis München möge Geld in die Hand nehmen, um Schwimmunterricht, Bäderbau und -unterhalt auch in weniger betuchten Gemeinden zu fördern, äußerst sinnvoll. Denn es wäre wichtig, dass der Landkreis nicht nur für das Lehrschwimmbecken in einem neuen Gymnasium 70 Prozent der Kosten übernimmt. Viele der bestehenden Bäder in den Städten und Gemeinden des Landkreises sind in die Jahre gekommen. Die teure Sanierung oder gar einen millionenschweren Neubau können sich in der Regel nur finanzstarke Kommunen wie Ismaning, Unterföhring oder Pullach aus eigener Kraft leisten. Doch auch anderswo müssen Kinder das Schwimmen lernen, und zwar in der Grundschule.

Wenn sich der Landkreis nun nach einem Mehrheitsbeschluss im Kreisausschuss nicht am Bäderbau beteiligen, gleichzeitig aber ein Konzept erstellen lassen will, um den Schwimmunterricht zu fördern, handelt er nach dem Motto "Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass". Das ist angesichts alarmierender Nichtschwimmerzahlen völlig unverständlich - und unverantwortlich.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: