Kommentar:Fatales Signal der SPD-Spitze

OB Reiter und Fraktionschef Reissl erscheinen nicht beim Parteitag zum Thema Wohnbau. Nicht einmal eine Entschuldigung gab es

Von Heiner Effern

Die exorbitant teuren Mieten sind "das wichtigste Thema" in der Stadt, sagt die Münchner SPD-Chefin Claudia Tausend. Tatsächlich gehört das erschwingliche Wohnen derzeit zu den größten Herausforderungen der Politik. Deshalb ist es natürlich angebracht, dass die SPD dem Problem einen eigenen Parteitag widmet. Und wenn als Ergebnis herauskommt, dass sich Land und Bund deutlich mehr engagieren müssten, trifft das zu. Doch die SPD macht es sich zu leicht, nur dort Versäumnisse zu kritisieren. Ein Teil der Probleme ist hausgemacht.

Seit vielen Jahren verfehlt die Stadt zum Beispiel verlässlich ihre eigenen Ziele beim Neubau. Auch im Jahr 2015 blieb es bei 6500 errichteten Wohnungen, das liegt noch unter der längst überholten Mindestmarke von 7000. FDP-Fraktionschef Michael Mattar nennt ein solches Ergebnis nicht zu Unrecht "blamabel". Die SPD-Regierung hat zwar unter dem früheren OB Christian Ude im Gegensatz zu anderen Städten ihren eigenen Bestand nicht verscherbelt, doch in beiden städtischen Wohnungsgesellschaften laufen gerade Studien, wie sie effizienter arbeiten und insbesondere bauen könnten. Pikanterweise haben CSU und SPD hinter den Kulissen längst vereinbart, zwei der drei dort frei werdenden Chefposten mit eigenen Leuten aus dem Stadtrat zu besetzen.

Um das Wohnungsproblem in den Griff zu bekommen, haben es Oberbürgermeister Dieter Reiter und SPD-Fraktionschef Alexander Reissl zur Chefsache erklärt. Ein Antragspaket im Stadtrat jagt das andere, Reiter fuhr mit einer Abordnung aus der Region im Herbst 2015 sogar nach Berlin, um Druck zu machen. Viel Aktion, beim Bürger angekommen ist bisher wenig. Auf dem Parteitag ihrer Münchner SPD fehlten beide Alpha-Tiere. Nicht einmal ein Grußwort oder eine Entschuldigung wurde vorgetragen. Terminkollisionen, hieß es offiziell. Zu viele Sommerfeste vielleicht, hieß es unter Genossen. Was bleibt, ist ein fatales Signal nach außen: Entweder ist Reiter und Reissl wurscht, was ihre Partei über das wichtigste Thema der Stadt diskutiert, oder das Thema selbst interessiert sie weniger, als sie beteuern.

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