Kommentar:Fatales Bremssignal

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München machte einen mutigen Schritt, als die Stadt beschloss, Elektroautos in eigener Regie zu fördern. Nun tritt man davon zurück - und hinterlässt den Eindruck, nur große Sprüche gemacht zu haben

Von Frank Müller

Es war ein mutiger Schritt, als die Stadt beschloss, Elektroautos in eigener Regie zu fördern. Umso fataler ist das Signal, das vom Rathaus jetzt mit dem Abschied von diesem Programm ausgeht. München machte nur große Sprüche von der umweltverträglichen Mobilität der Zukunft - das war's.

So kann man einer neuen Technik nicht zum Durchbruch verhelfen. Und dabei geht es noch gar nicht um das Thema Doppelförderung. Selbstverständlich muss es vermieden werden, dass derjenige, der sich ein E-Auto anschafft, von Stadt und Staat zweimal Geld für dieselbe Investition bekommt. Wenn das städtische Programm nun aber darauf zurückgestutzt wird, dass am Ende vielleicht ein paar Dutzend Ladesäulen und einige geförderte Elektroradl stehen, dann bleibt München unter seinen Möglichkeiten.

München ist eine Autostadt, nicht nur weil hier BMW sitzt. Es wird auch eine bleiben - mit Betonung auf dem "auch". So richtig es ist, den öffentlichen Nahverkehr zu fördern, wo es geht, weil er der Schlüssel dazu ist, dass München überhaupt eine mobile Stadt bleiben kann, so wahr ist auch die andere Seite: Das Auto ist an vielen Stellen eben nicht zu ersetzen - für viele Familien, für Lieferanten, für Menschen, die nicht gut zu Fuß sind. Genau darin liegt der Charme der E-Vision. Abgasfrei und, wenn man es klug anstellt, auch noch mit Ökostrom unterwegs zu sein, anstatt wie heute eine Wolke aus Feinstaub und Lärm über die Stadt zu legen.

Dass die Elektroautos ein Allheilmittel seien für eine Stadt wie München, wird niemand behaupten. Selbst wenn alle, die jetzt mit Benzin und Diesel fahren, auf Batterieantrieb umstiegen, würde die Stadt immer noch im Verkehr ersticken. Der Mix also macht es, der aus Angeboten bestehen muss, die funktionieren und auch noch cool sind. Wer voran-fährt und sich vorbildlich verhält, der sollte belohnt werden. Warum soll ein E-Auto-Besitzer nicht eine MVV-Jahreskarte als städtischen Dank bekommen? Warum ist in der MVV-Monatskarte nicht die Benutzung der Leihräder von MVG und Call-a-bike inklusive? Wäre es nicht gut, wenn E-Autos kostenlos parken und Bus- und Tramspuren mitbenutzen dürfen? Man muss es nur wollen.

© SZ vom 12.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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