Besuch von Frankreichs Premier Valls:Die Ministerin schmückt sich mit fremden Federn

Premierminister Manuel Valls gibt in der Bayernkaserne Medienvertretern Interviews, während Emilia Müller zuhört. (Foto: dpa)

Dass ausgerechnet Emilia Müller in der Bayernkaserne die stolze Fremdenführerin gibt, ist ein schlechter Scherz: Zum Vorzeigeobjekt haben die Unterkunft andere gemacht.

Kommentar von Kassian Stroh

Es ist noch nicht so lange her, da wollte die Staatsregierung in der Bayernkaserne erst Zelte aufstellen - und ließ die Flüchtlinge dann doch lieber in alten, muffigen Garagen schlafen, mit Rußflecken an der Wand und Decken, durch die das Wasser tropfte. Es ist noch nicht so lange her, da lagen die Menschen hier im Freien, auf blankem Boden, weil die Hallen völlig überfüllt waren. Noch keine zwei Jahre ist das her. Es war eine Schande für diese Stadt und dieses Land, dessen Name der Ort zu allem Überfluss ja auch noch trägt.

Nun hat Sozialministerin Emilia Müller die Erstaufnahmeeinrichtung für Asylsuchende dem französischen Premier Manuel Valls präsentiert. Da schmückt sie sich mit fremden Federn. Zwar ist die Staatsregierung dafür zuständig, was hier passiert.

Heute vorbildhaft

Doch dass die Bayernkaserne heute vorbildhaft ist, das haben vor allem andere bewirkt: die Vereine und Sozialverbände, die die Betreuung organisieren; die vielen Ehrenamtlichen, die durch ihr Engagement das Leben erträglicher machen; die Stadt München, die im Oktober 2014 der Staatsregierung ein "So geht's nicht weiter" entgegenschmetterte. Das war damals die Initialzündung dafür, die katastrophalen Zustände zu beseitigen.

Dass Emilia Müller, die dafür die Verantwortung trug, hier inzwischen die stolze Fremdenführerin gibt, ist ein Treppenwitz. Ein schlechter Scherz, über den man kurz den Kopf schütteln sollte, um sich dann Wichtigerem zuzuwenden: der Tatsache nämlich, dass die Bayernkaserne wirklich ein Vorzeigeprojekt geworden ist. Die Bayern müssen sich für die Bayernkaserne nicht mehr schämen, das ist eine schöne Nachricht.

© SZ vom 15.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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