Kommentar:Die Suche nach dem rechten Maß

Fürsorge ist wichtig, Verhältnismäßigkeit aber auch: Wer über Zugangskontrollen für städtische Gebäude diskutiert, muss sich jeden Einzelfall genau ansehen

Von Dominik Hutter

Natürlich kann man trefflich darüber streiten, ob sich Terroristen von einer Zugangsschleuse an städtischen Gebäuden abschrecken lassen. Nur: Darum geht es in Wirklichkeit gar nicht bei dem Konzept, das der Stadtrat nun zur Verbesserung der Sicherheit in den Büros der Verwaltung beschlossen hat. Auch wenn in der Beschlussvorlage explizit auf die Terroranschläge in Ansbach und Würzburg verwiesen wird - bei dem Vorstoß von Personalreferent Alexander Dietrich geht es vor allem um alltägliche Vorfälle mit unzufriedenen und daher aggressiven Bürgern. Um pöbelnde Betrunkene, deren Anträge abgelehnt wurden, manchmal auch um Großfamilien, die die Sachbearbeiterin hinter ihrem Schreibtisch durch ihr Auftreten in Furcht und Schrecken versetzen. Diesen sich häufenden Vorfällen will das Rathaus etwas entgegensetzen.

Das Thema wurde im Stadtrat kontrovers diskutiert - es war eine der seltenen Debatten, wo eigentlich alle Recht hatten. Grüne und Linke liegen richtig mit ihrer Mahnung, den Bogen nicht zu überspannen. SPD und CSU erinnern richtigerweise an die Fürsorgepflicht für städtische Mitarbeiter. Das muss kein Widerspruch sein. Denn wie die neuen Sicherheitsvorkehrungen tatsächlich aussehen, wird sich erst in den nächsten Monaten entscheiden, wenn die Referate ihre detaillierten Vorschläge vorlegen. An diesem Mittwoch hat der Stadtrat lediglich Mindeststandards festgezurrt und die Botschaft vermittelt, dass rasch etwas passieren muss.

Die Kernfrage, wie bürgerfreundlich und offen sich Verwaltung und Politik in München künftig präsentieren, lässt sich erst nach Klärung der Details beurteilen. Noch ist alles drin: Das Baureferat kann weiterhin zu bestimmten Uhrzeiten komplett auf jede Zugangskontrolle verzichten. Andere, besonders gefährdete Behörden werden darüber nachdenken müssen, ob nicht doch ein Schleusensystem sinnvoll ist - in diese Kategorie fällt etwa ein Viertel der kommunalen Dienststellen. Verpflichtend ist die rigorose Abschottung nicht - es sei denn, der Stadtrat erklärt sie im Einzelfall für notwendig. Es wird eine schwierige Abwägung werden: zwischen Fürsorgepflicht und Verhältnismäßigkeit.

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