Kommentar:Blut und Spiele

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Ein Sprudelfabrikanten-Fabrikant legt 100-Millionen-Euro auf den Tisch, für eine Sportarena. Dabei gäbe es im Kulturbereich viel mehr Bedürftigkeit

Von Susanne Hermanski

Es ist zum Haare raufen. Gramgebeugt starren Kulturfreunde auf leere Stadtsäckel und klamme Landeskassen: Der Gasteig samt Philharmonie, Bibliothek und Musikhochschule hat schon Regenlecks im Dach, derart überfällig ist seine Sanierung. Im Deutschen Museum, dem Tempel der Technik, sind seit Jahrzehnten die interaktiven Exponate kaputt. Und David Chipperfield soll mal flott einen Jahrhundertwurf fürs marode Haus der Kunst liefern - bloß kosten soll der halt möglichst wenig. Jeder Euro wird gedreht und gewendet. Am besten so lange, bis die Schäden an Theatern, Musiksälen und Museen in derart astronomische Höhen geklettert sind, dass all die armen Kreativen den Mut verlieren und nicht weiter mit Forderungen nerven. Die öffentliche Hand gibt eben nicht gern.

In genau diese Situation tritt nun ein Sprudelgetränke-Fabrikant und wirft mal eben 100 Millionen Euro auf den Tisch. Um damit was - in Nullkommanix und ohne jedes Trödeln und polittaktisches Prokrastinieren - zu bauen? Eine Halle, in der sich erwachsene Männer auf Kufen und vor einer johlenden Menge so lange an die Werbebande quetschen, bis der Bulle Rot sieht und Blut aufs Eis rinnt. Da hilft es nichts, jetzt besserwisserisch zu rufen: "Da dürfen dann aber auch die Basketballer des FC Bayern mit rein!" Die mögen zwar lang sein; ein Über-die-Welt-Reflektieren auf hohem Niveau, wie dies die Künste leisten, sieht trotzdem anders aus. Es hat jedenfalls rein gar nichts damit gemein, wenn ein Lulatsch dem anderen schweißnass 'nen Korb gibt.

Und wo soll der neue Brot-und-Werbe-Circus-Maximus entstehen? Im Olympiapark, jenem schönen, ästhetisch wertvoll gestalteten Fleckchen Erde in München, das vielleicht demnächst ins Weltkulturerbe hätte aufgenommen werden können. Wir wollen jetzt gar nicht daran erinnern, dass sich manch einer diesen Park bis vor Kurzem auch als Standort für den neuen Konzertsaal erträumt hatte. Denn die alte bayerische Regel ist ja hinlänglich bekannt: Wer zahlt, schafft an. Wer's nicht schafft, soll halt zu Hause hocken bleiben. Bitter ist das Ganze trotzdem. Und ein Glück nur, dass der überzeugte Kulturfreund viel zu kultiviert ist, eine so niedere Neigung zu zeigen wie den Neid. Sonst gäb's jetzt Hiebe.

© SZ vom 17.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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