Kommentar:Auf der Piste verfahren

Eine juristische Entscheidung im Streit um die dritte Startbahn steht bevor. Doch politisch lässt er sich nicht wirklich lösen

Von Kassian Stroh

Es gibt nur wenige Großprojekte, bei denen die Lage derart verfahren ist wie beim geplanten Ausbau des Münchner Flughafens. Bei solchen Projekten stehen sich immer zwei Fronten gegenüber: die Gegner und die Bauherren. Letztere sind, gerade bei Verkehrsbauten, zumindest halbstaatliche Firmen, sie haben deshalb die Mehrheit der Politik hinter sich.

Bei der dritten Startbahn ist das anders: Da waren sich Bund, Stadt und Freistaat lange einig, dass sie die dritte Startbahn wollen - bis der Münchner Bürger daherkam und sein Veto einlegte. Selbst wenn bald Baurecht vorliegt, kann die Startbahn deshalb noch lange nicht gebaut werden. Es ist gut, dass der Finanzminister erneut versprochen hat, nicht durch irgendwelche juristischen Winkelzüge das Votum der Münchner auszuhebeln. Eine politische Entscheidung will Söder - und das ist richtig. Denn der Bau der Startbahn wurde zwar in ausführlichen Raumordnungs-, Planfeststellungs- und Verwaltungsgerichtsverfahren geprüft und jeweils für korrekt befunden. Doch juristisch ist ein solches Großprojekt nicht zu fassen. Am Ende geht es um eine Abwägung, um eine Wertentscheidung: Was ist uns mehr wert? Die mehr als vage Aussicht, nur mit einer dritten Piste wirtschaftlich prosperieren zu können, oder die schlimmen Folgen für Umwelt und Anwohner? Das ist eine politische Frage.

Nur die Situation bleibt verfahren. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter hat sich festgelegt: ohne einen neuen Bürgerentscheid kein Ja zur Startbahn. Und einen neuen Entscheid nur dann, wenn die Zahl der Flugbewegungen im Erdinger Moos wieder steigt; denn nur die ist relevant bei der Frage, ob eine weitere Piste nötig ist. Tatsächlich sinkt die Zahl seit Jahren. Daran kann auch der Ausbaufan Söder nichts ändern - weder juristisch noch politisch.

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