Kolumne: After Eight:Kino, Sturm & Regen

Uns Münchnern kann man es aber auch nicht recht machen: Ist das Wetter schlecht, sind wir genervt. Doch auch bei tropischen Temperaturen läuft es nicht immer optimal.

Beate Wild

Der Münchner hat es nicht leicht im Sommer 2009. Das Wetter terrorisiert uns, zu beschönigen gibt es nichts. Doch seit ein paar Tagen ist endlich Summer in the city! Sonne, Hitze, kurze Hosen, noch kürzere Röcke. Dafür hat es dann aber auch gleich schwüle, drückende 35 Grad Celsius. Ziemlich extrem, wenn man bedenkt, dass am vergangenen Samstag noch Weltuntergang, Dauerregen und zwölf Grad angesagt waren.

Kolumne: After Eight: Das schöne Wetter sollte man ausnützen, solange es geht. Morgen könnte es schon wieder in Strömen regnen.

Das schöne Wetter sollte man ausnützen, solange es geht. Morgen könnte es schon wieder in Strömen regnen.

(Foto: Foto: Stephan Rumpf)

Über diesen Sommer ist ja schon viel geschrieben worden: Der ganze Regen, die Kälte, alles schlägt auf die Psyche und ins Metaphysische. Und auch wir müssen dieses leidige Thema leider noch einmal aufgreifen, denn dieser sadistische, bösartige, unberechenbare Sommer hat in den vergangenen Wochen unser ganzes Privatleben zerstört. Gut, das ist vielleicht etwas übertrieben, aber sagen wir: Er bringt unsere gesamte Freizeitplanung durcheinander. Man hat das Gefühl, Petrus hat uns auf dem Kieker.

München ist die Stadt der Open-Air-Festivals. Hier ist für (fast) jeden auch noch so ausgefallenen Geschmack etwas dabei. Doch bisher hat das Wetter vielen Events einen Strich durch die Rechnung gemacht. Klassik am Odeonsplatz - verregnet. Tollwood - sintflutartige Überschwemmungen. Das Edlinger-Straßenfest - fiel komplett ins Wasser.

Das Sonnenrot-Festival - endete sogar in einer regelrechten Katastrophe. Während mehrere Tausend Musikfans sich am vergangenen Freitag bei den Konzerten von Peaches oder Muff Potter am Echinger See vergnügten, walzte eine regelrechte Sturmfront über die Stadt hinweg. Die Windböen erreichten 120 Stundenkilometer, Zelte flogen durch die Gegend. Das gesamte Sonnenrot-Festival musste evakuiert werden. Die Fans wurden in einer Turnhalle notuntergebracht. So stellt man sich ein Musik-Festival im Sommer wirklich nicht vor. This is the end, my friend.

Und dann die Sache mt den Biergärten. Können Sie sich erinnern, wie oft Sie dieses Jahr schon im Biergarten waren? Ja? Na also, da haben wir es. Wenn Sie Ihre Besuche noch zählen können, kann es nicht oft gewesen sein.

Schönes Wetter verursacht leicht Dauerstress

Das einzig Gute am schlechten Wetter ist, dass man zwischendurch auch gut und gerne mal zu Hause bleiben kann, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben. Denn kaum klettert das Thermometer in die Höhe, wie in diesen Tagen wieder zu beobachten, wird das Privatleben zum unzumutbaren Dauerstress. Nennen wir dieses Phänomen einfach mal "Schönwetter-Terror".

Kaum kommt man abends vom Job nach Hause und wirft sich erschöpft von der harten Arbeit auf das Sofa, klingelt das Telefon. Ein Freund ist dran: "Heute ist soooooo ein geniales Wetter. Wann und wo treffen wir uns?"

Dann gibt es kein Pardon, dann muss man vor die Tür. In den Biergarten, in eine Bar oder mit einem Getränk auf den Gärtnerplatz. Egal wohin, Hauptsache man "nützt das schöne Wetter aus". Die Münchner scheinen besonders erpicht darauf zu sein, sozusagen die Resterampe des Sommers ausgiebig auszubeuten. In südlicheren Gefilden, etwa in Italien oder Spanien, wo das Wetter stets großartig ist, ist man nicht diesem "Schönwetter-Terror" ausgesetzt. Diesem inneren und durch Freunde auch äußerlichen Zwang, etwas zu unternehmen - auf Teufel komm raus.

Lesen Sie auf Seite 2, für welche Events sich diese Woche der "Schönwetter-Terror" lohnt.

Im Neoprenanzug ins Kino

Gerade in dieser Woche kann man sich in der Stadt vor Optionen zur Abendgestaltung kaum retten. Da gibt es beim Kino-Open-Air am Königsplatz jeden Abend einen anderen Film. "Terminator" oder "Vicky Christina Barcelona"? Einmal Königsplatz-Kino ist quasi Pflicht.

Am heutigen Donnerstag ist auch das Sommerfest im Stadtmuseum, gleichzeitig eröffnet dort die Sonderausstellung "Gestern oder im 2. Stock" zum 100. Geburtstag Karl Valentins. Ein Event, das man sich auf keinen Fall entgehen lassen sollte.

Dann, der absolute Wahnsinn: Noch bis Ende Juli läuft das "Free & Easy"-Festival im Backstage. Dort spielt etwa am heutigen Donnerstag die großartige Elektropop-Band Mediengruppe Telekommander. Jeden Tag ein anderer, sehenswerter Live-Act. Das Beste ist: Der Eintritt zum "Free & Easy" ist frei.

Wenn das Wetter am Wochenende auch noch durchhält, dann geht es weiter mit dem "Oben ohne"-Festival am Bavariapark, dem Sommertheater im Englischen Garten (gespielt wird "Der eingebildete Kranke" von Molière), dem Mariannenstraßenfest im Lehel oder dem Gärtnerplatzfest - um nur einige zu nennen. Dazwischen muss man seinen Nachholbedarf an Biergarteln aufholen und möglichst jede noch verbleibende freie Minute auf einer Sonnenterrasse irgendeiner Bar verbringen.

Dieses Programm macht man gerne mal ein paar Tage am Stück. Spätestens nach einer Woche bettelt man wieder nach einer Schlecht-Wetter-Pause. Aber das wollen wir jetzt nicht verschreien, womöglich regnet es ja am Wochenende sowieso schon wieder wie aus Kübeln.

Am Besten passen wir uns den klimatischen Bedingungen so gut wie möglich an. Wie sagt noch einmal der alte Spruch? "Es gibt kein schlechtes Wetter, nur falsche Kleidung." Genießen wir einfach das schöne Wetter und lassen uns von Regenschauern nicht verdrießen. Einige Münchner haben sich diese Weisheit wohl schon zu Gemüte geführt.

Beim Kino-Open-Air "Kino, Mond & Sterne" im Westpark wurde neulich - bei einer ziemlich verregneten Vorstellung - ein Mann gesehen, der tatsächlich im Neopren-Anzug die Freilichtaufführung besuchte. Ein wasserfester Ganzkörperanzug, wie ihn sonst nur die Surfer am Eisbach tragen. Im Westpark fällt nämlich niemals eine angesetzte Filmvorführung aus. Auch wenn es extrem gießt. Und anscheinend gibt es genügend Münchner, die weder Regen noch Kälte scheuen, um sich "Illuminati" oder den "Wrestler" anzusehen.

Die Besucher des Westpark-Kinos sind abgehärtet, das hat uns ein Mitarbeiter des Spektakels bestätigt. Sie sind hart im Nehmen. Kino im Freien, das ist besser als ein Adventure-Trip à la Camel Trophy. Die Betreiber sollten vielleicht mal darüber nachdenken, ob sie ihre Veranstaltung nicht besser in "Kino, Sturm & Regen" oder etwas dergleichen umtaufen. Vielleicht würden die Survival-Gesichtspunkte sogar mehr Besucher anlocken. Sozusagen eine Marktlücke!

Ansonsten, meinte neulich ein Freund halb im Scherz, halb im Ernst, könnte man unter Umständen auch mal über Wetterverbesserungsmaßnahmen wie in China nachdenken. Während der Olympischen Spiele im vergangenen Jahr setzte die Volksrepublik Flugzeuge ein, die Trockeneis und Silberjodid in die Wolken schossen, um sie zum Abregnen zu bringen. Und schon war das lästige Problem mit dem Niederschlag gelöst. Möglicherweise wäre dieses Modell auch auf München übertragbar.

Doch momentan haben wir noch Hoffnung, dass das Wetter noch ein paar Tage durchhält und wir wenigstens an diesem Wochenende ein bisschen draußen feiern dürfen. Rein prophylaktisch könnten wir uns für alle Fälle schon mal ein Regen-Outfit zulegen. Es muss ja nicht gleich ein Neopren-Anzug sein.

Die Kolumne "After Eight" erscheint jeden Donnerstag auf "München Extra", dem Stadtportal von sueddeutsche.de.

Bookmark: www.sueddeutsche.de/aftereight

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