"Körperwelten" in München:Spiel mit dem Tod

Ist das eine lehrreiche Anatomieausstellung? Kunst gar? Oder nur Perversion? Nach elf Jahren kehrt die umstrittene Schau "Körperwelten" nach München zurück. Für Diskussionen dürfte sie auch diesmal sorgen.

Von Thierry Backes

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(Foto: Stephan Rumpf)

Nach elf Jahren kehrt die umstrittene Schau "Körperwelten" nach München zurück. Für Diskussionen dürfte sie auch diesmal sorgen. Wenn es um Gunther von Hagens' Schau "Körperwelten" geht, geht es immer auch um Fragen wie diese: Ist das nun eine lehrreiche Anatomieausstellung? Kunst gar? Oder nur eine perverse Provokation, die voyeuristisch die Sensationslust der Masse befriedigt? Fest steht: Die mehr als 200 Präparate, darunter knapp 20 Ganzkörperplastinate wie dieser Basketballspieler, sind alle echt. Zu sehen sind die Knochen, Nerven, Organe und Muskeln von Menschen, die mal gelebt haben und nach ihrem Tod von Hagens' Mitarbeitern plastiniert (sprich: haltbar gemacht) wurden.

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(Foto: www.koerperwelten.de)

Geht es nach Zahlen, sind die "Körperwelten" die populärste Schaureihe der Welt. Seit 1995 haben fast 39 Millionen Menschen in 23 Ländern eine der Ausstellungen gesehen. Sieben touren derzeit durch Europa und Nordamerika. Die Schau "Körperwelten & Der Zyklus des Lebens", die ab Donnerstag in der Kleinen Olympiahalle in München zu sehen ist, ist eine Art Wiedergänger der Ausstellung, mit der Hagens vor elf Jahren 860 000 Menschen in den Olympiapark lockte - und mit der er den Stadtrat und die Gerichte beschäftigte. Diesmal wird es nicht so weit kommen. Die Stadt hat die "Körperwelten" anstandslos genehmigt - auch wenn Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle sie gerne verboten hätte.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Die Schau widmet sich auf mehr als 1500 Quadratmetern "dem Kreislauf von Entstehen und Vergehen", wie es offiziell heißt, "wie sich der Körper verändert, wie er wächst, reift und schließlich schwächer wird". Am Anfang werden Mutterkuchen präsentiert, Embryonen und Föten in unterschiedlichen Stadien (im Bild etwa in der 28. Schwangerschaftswoche), später dann erwachsene Menschen. Gerade die Föten dürften wieder für Diskussionen sorgen. Hagens, der sich mit dem Titel "Dr. Tod" schmückt, betont gerne, dass er für jedes seiner Exponate nachweisen kann, dass der Mensch dahinter unbedingt in seiner Schau enden wollte. Doch wie ist es mit den Ungeborenen, die, wie es von Seiten der Ausstellungsmacher heißt, aus historischen anatomischen Sammlungen stammen?

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(Foto: Stephan Rumpf)

"Das oberste Ziel der 'Körperwelten' ist die gesundheitliche Aufklärung", sagt die Kuratorin Angelina Whalley, die Gunther von Hagens 1992 geheiratet hat. Es gehe ihr darum, "das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass der Körper das Ergebnis unserer eigenen Lebensführung" sei. Auf Hinweistafeln wird Besuchern nahegegelegt, doch bitte Sport zu treiben, wenn sie lange leben wollen: "Es ist nie zu spät, damit anzufangen." Viel weiter geht das pädagogische Konzept der Austellung nicht. Dafür...

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(Foto: Stephan Rumpf)

... warten in der Münchner Ausstellung drei Pokerspieler, die Ende 2006 schon in einer Szene von "Casino Royale" zu sehen waren, dem ersten James-Bond-Abenteuer mit Daniel Craig - worauf die Schau natürlich nicht zu verweisen vergisst.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Für die Herstellung eines Ganzkörperplastinats veranschlagt Gunther von Hagens 1500 Arbeitsstunden. Das weltweit größte ist indes nicht das eines Menschen, sondern das eines ausgewachsenen Elefanten. Es misst 6 mal 3,50 Meter, ist in München aber nicht zu sehen. Ein anderes Tier hat sich allerdings unter die menschlichen Exponate (hier etwa der Ringturner) gemischt: Ein ausgewachsener Braunbär steht am Ende der Schau.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Die Ausstellung zeigt vor allem aber gesunde Menschen beim Sport. Die Körper hat die Mannschaft des an Parkinson erkrankten Hagens so in Szene gesetzt, dass der Besucher mal die Knochen, mal die Muskeln, mal die Gelenke oder die Bänder, mal den Blutkreislauf und mal das Nervensystem studieren kann. Im strengen Sinne mag das bestenfalls populärwissenschaftlich sein, interessant und lehrreich ist es trotzdem.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Was zum Nachdenken anregt: Weltweit haben sich über 14 000 Menschen bereit erklärt, ihren Körper Hagens' Institut für Plastination in Heidelberg nach ihrem Ableben zur Verfügung zu stellen. Knapp 12 000 von ihnen leben in Deutschland. Dabei gibt es nicht einmal eine Garantie dafür, dass sie tatsächlich einmal ausgestellt werden. Was sie alle eint, ist der Gedanke, "dass man mit dem, was man hier irdisch nach dem Tod zurücklässt, noch etwas Sinnvolles machen kann", sagte der "Körperspender" Andreas Schierlinger-Langeheinecke der SZ.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Neben den Ganzkörperplastinaten sind in der Kleinen Olympiahalle einzelne Organe oder Körperteile ausgestellt, etwa aufgeschnittene Herzen (Bild), Lebern oder Raucherlungen. Nun kann man die menschlichen Exponate gruselig finden oder faszinierend - kalt lassen sie einen wohl kaum. Das gilt auch für das Hirn, das in dünnen Scheiben in einer Vitrine liegt.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Die Hingucker aber sind zweifellos die präparierten Leichen wie dieser Fußballtorwart oder...

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(Foto: Stephan Rumpf)

... diese Bogenschützin. Besonders makaber: Ihr Kopf ist aufgeschnitten, ihr Hirn liegt auf ihrem Schädel.

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(Foto: Stephan Rumpf)

Die Schau "Körperwelten & Der Zyklus des Lebens" ist vom 10. April bis 31. Mai und vom 12. Juni bis 5. Oktober in der Kleinen OIympiahalle in München zu sehen. Öffnungszeiten: täglich von 10 bis 18 Uhr, donnerstags bis 21 Uhr. Die Karten kosten 19 Euro für Erwachsene, ermäßigt 16 Euro, für Kinder und Jugendliche (7-18 Jahre) 14 Euro. Montags: 13 Euro. Einen Audioguide gibt es für 3,50 Euro extra. Weitere Informationen: koerperwelten.ausstellungssommer.de.

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