Koalitionsverhandlungen in München:SPD bietet CSU Gespräche an

Post von Dieter Reiter: Weil Josef Schmid in seinem Urlaub auf Mauritius nicht ans Handy geht, schreibt der neue Münchner OB ihm einen Brief. Inhalt: ein Gesprächsangebot über eine rot-grün-schwarze Koalition. Schmids CSU reagiert frostig.

Auf einem kleinen Inselstaat im Südwesten des Indischen Ozeans entscheidet sich womöglich, wer in München künftig regiert. Josef Schmid, Fraktionschef der CSU, erholt sich auf Mauritius bei 29 Grad Lufttemperatur. Schmid ist ein Arbeitstier, greift gewöhnlich auch im Urlaub zum Handy, wenn Journalisten nach verdreckten Schultoiletten oder leer stehenden Wohnungen fragen. Doch in diesen Tagen hat er alle Kanäle gekappt. Und während er nach Ruhe unter der Sonne sucht, streckt Dieter Reiter (SPD) die Hand nach ihm aus.

Der Oberbürgermeister in spe stiefelte am Dienstagvormittag in die Geschäftsstelle der CSU-Fraktion und übergab Schmids Vize Hans Podiuk einen Brief. Er schickte keinen Boten, er kam selbst. Dieser Brief ist das Ergebnis der gescheiterten Verhandlungen zwischen SPD und Grünen sowie ihren möglichen Koalitionspartnern. Weil sich partout kein Mehrheitsbeschaffer finden ließ, erwägen die Sozialdemokraten notgedrungen eine Zusammenarbeit mit der CSU - immerhin der stärksten Fraktion im neuen Stadtrat.

Das Wort "Koalition" scheuen sie, Parteichef Hans-Ulrich Pfaffmann spricht von einer "rot-grünen Regierung unter Beteiligung der CSU". Der Brief sei ein Gesprächsangebot, eng abgestimmt mit Grünen und Rosa Liste. Schmids Pressesprecher wird dieses Angebot nun auf die Insel mailen.

"Wenn Rot-Grün erst nach vier Wochen und nachdem alle Versuche, eine Mehrheit um uns herum zu zimmern, gescheitert sind, auf uns zukommt, ist das nicht gerade ein starkes Signal", ätzt Podiuk. Man werde nicht als "Krücke für ein abgewähltes Bündnis" fungieren, sei aber bereit für Gespräche. Der erfahrene CSU-Kämpfer fordert eine "Kursänderung" im Rathaus. Was das konkret bedeutet, will er vor den Verhandlungen nicht verraten. Fraktionschef Schmid wird von Mauritius aus eingreifen müssen; er wird erst zum Ende der Osterferien zurück in München erwartet.

Während die CSU den Preis hochtreibt, hängt die SPD die Latte für Sondierungsgespräche tief. Parteichef Pfaffmann sagt, man habe zunächst Grundsätze zu Papier gebracht. Als Beispiel nennt er einen soliden Haushalt, den Erhalt der Daseinsvorsorge und die Sicherung der städtischen Kliniken. Die CSU wird sich kein Bein ausreißen müssen, um solchen Allgemeinplätzen zuzustimmen. In den folgenden Gesprächen könne man dann die Zusammenarbeit in wichtigen Fragen der Stadtpolitik festklopfen. Über Posten, sagt Pfaffmann, "wird ganz am Schluss geredet".

Innerhalb der SPD sind noch viele unschlüssig, ob sie eine stabile Mehrheit mit der CSU möchten oder doch lieber eine Minderheitsregierung ohne sie. Dass man die Grünen aber auf keinen Fall opfern darf, darin sind sich fast alle einig. "Man macht sich", betont ein SPD-Stadtrat, "nach 24 Jahren nicht vom Acker."

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