Klinikum München:Kassensturz vor der Finanzspritze

Das Stadtklinikum soll nicht pleite gehen. Der Stadtrat soll dafür 100 Millionen Euro freigeben. Doch noch fehlen den Politikern wichtige Informationen.

Dominik Hutter

Nein, pleite gehen lassen will das Stadtklinikum niemand, da ist man sich im Stadtrat einig. Aber eben auch nicht in ein Fass ohne Boden investieren. Weshalb sich die Politiker am Mittwoch in seltener Einmütigkeit darauf verständigt haben, dass Klinikchefin Elizabeth Harrison erst einmal Farbe bekennen muss, welche Zumutungen dem Rathaus noch bevorstehen: ob der Konzern demnächst wegen zusätzlicher Kreditbürgschaften für die Sanierung des Harlachinger Krankenhauses bei der Stadt vorstellig wird.

Ob die Förderzusagen des Freistaats weiterbestehen. Und ob die geplante Aufstockung des Eigenkapitals überhaupt ausreicht. Mit diesen Informationen will der Stadtrat dann am 25. Juli entscheiden, ob er dem kommunalen Klinik-Konzern 100 Millionen Euro überweist. Ohne die Finanzspritze wäre das Unternehmen auf absehbare Zeit pleite.

Eines wollen die Stadträte unbedingt vermeiden: dass man dem Patienten nun 100 Millionen Euro spendiert - und das Geld aufgrund der hohen Defizite schon nach kurzer Zeit verfrühstückt ist. Offenkundig ist am Marienplatz nicht einmal bekannt, wie viel vom ursprünglichen Eigenkapital überhaupt übrig ist. SPD-Fraktionschef Alexander Reissl beschleicht da eine ungute Ahnung - er bezeichnete in der Plenumssitzung die geplante Finanzspritze nicht als Aufstockung, sondern als "Ersatz" des Eigenkapitals. Das Rathaus verlangt daher bis zum 25. Juli einen vollständigen Kassensturz, aus dem klar hervorgeht, wie es ums Eigenkapital bestellt ist und welche Prognosen es gibt.

Auch über die Verteilung der Fachgebiete auf die fünf Häuser, die medizinische Architektur, will der Stadtrat noch einmal detailliert beraten - im Gesundheitsausschuss am 12. Juli. Die Beschlüsse kamen in einer Art großen Koalition zustande: auf Initiative von CSU/FDP und mit rot-grüner Zustimmung.

Allerdings herrscht bei der Opposition Rätselraten, ob man zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt irgendwelche Entscheidungen fällen kann. Schließlich würde die aktuell diskutierte Fusion der Kliniken Schwabing und Bogenhausen sämtliche Planungen wieder auf den Kopf stellen, gab FDP-Gesundheitsexperte Otto Bertermann zu bedenken. Das Rathaus drückt deshalb bei der entsprechenden Machbarkeitsstudie aufs Tempo: Bis Ende des Jahres soll das Papier vorliegen, beschlossen die Politiker einmütig. Das ist deutlich früher als ursprünglich geplant.

Wirklich aktuell wird eine mögliche Fusion allerdings erst "2015 folgende", versicherte Bürgermeister Hep Monatzeder. Der Grünen-Politiker, der auch Chef des Klinik-Aufsichtsrats ist, gab Sympathie für den Neubau eines Großklinikums an komplett neuer Adresse zu erkennen. Man müsse, um den Versorgungsauftrag erfüllen zu können, die Stadtentwicklung im Auge behalten. Und da dürfe der prosperierende Münchner Westen mit dem Neubaugebiet Freiham nicht übersehen werden.

CSU-Fraktionschef Josef Schmid kündigte erneut Widerstand an gegen die Schließung eines Standorts - denn darum handle es sich aller Wahrscheinlichkeit nach. Lydia Dietrich (Grüne) warf ihm daraufhin Verunsicherung der Klinik-Belegschaft vor. SPD-Mann Reissl bezeichnete die aktuelle Aufregung als absurd. Selbstverständlich müssten Überlegungen über Fusionen möglich sein. Zumal die Aufgabe eines Klinik-Standortes keine Premiere wäre: Das Oberföhringer Krankenhaus sei ebenso geschlossen worden wie die städtische Klinik an der Pappenheimstraße.

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