Klimawandel:München macht sich wetterfest

Mehr Trockenheit, aber auch stärkerer Regen mit Hochwasser: Der Klimawandel geht an der Stadt nicht spurlos vorbei. Einstimmig beschließt der Stadtrat ein Konzept, das die Folgen dämpfen soll. Zum Beispiel durch neue Trinkbrunnen

Von Thomas Anlauf

Der Klimawandel ist in vollem Gange", sagt Stephanie Jacobs. Die Münchner Umweltreferentin sitzt an diesem Dienstagnachmittag im Rathaus vor einem dicken Stapel Papier, das ihr Haus gemeinsam mit mehreren anderen städtischen Referaten erarbeitet hat. Es ist ein umfangreiches Konzept, um den Folgen des globalen Klimawandels bereits jetzt zu begegnen. Gerade eine dicht bebaute Großstadt wie München ist von steigenden Temperaturen, aber auch heftigen Regenfällen besonders betroffen. Im Stadtzentrum wird es einer Prognose zufolge bis Mitte des Jahrhunderts mindestens 16 zusätzliche Sommertage mit mehr als 25 Grad Celsius geben, im ungünstigsten Fall wird die Zahl der Sommertage sogar um 29 auf dann insgesamt 72 im Jahr zunehmen. "Selbst wenn die ehrgeizigen Klimaziele von Paris eingehalten werden, wird sich das Klima dennoch verändern", sagt Jacobs. Der Umweltausschuss hat deshalb am Dienstag ihr Paket einstimmig gebilligt, um dem Klimawandel erfolgreich zu begegnen.

Bauhandwerkersiedlung in München, 2010

Gut fürs Klima: Begrünte Fassaden in Laim.

(Foto: Alessandra Schellnegger)

Versiegelte Flächen öffnen

Parks und Grünanlagen sollen nicht nur erhalten, es sollen auch weitere geschaffen werden. Sie bilden kühlere Bereiche in einer überhitzten Stadt. Grünzüge können auch die Temperaturen in angrenzenden Wohngebieten in erträglichem Rahmen halten. Wenn möglich, will die Stadt sogar bereits versiegelte Flächen wieder öffnen und renaturieren. Alte Bäume sollen möglichst erhalten werden, zahlreiche weitere gepflanzt werden. Angesichts der deutlich steigenden Jahresdurchschnittstemperaturen untersuchen Baumexperten bereits heute, welche hitze- und stressresistenten Baumarten künftig verstärkt gepflanzt werden müssen. Derzeit bestehen etwa 60 Prozent der Straßenbäume aus Linde und Ahorn. Um die Anfälligkeit des Baumbestands gegen Hitze, Schadstoffe, Schädlinge und Krankheiten zu verringern, soll die Artenvielfalt bei den Stadtbäumen erhöht werden.

Holztrogbrunnen an der Säbener Straße in München, 2014

Holztrogbrunnen an der Säbener Straße in München.

(Foto: Catherina Hess)

Häuser bepflanzen

Insbesondere in den innerstädtischen Bereichen sollen Gebäude stärker begrünt werden. Die Stadt will künftig sogar auf Hauseigentümer aktiv zugehen, um zu erreichen, dass Innenhöfe, Fassaden oder auch Dächer bepflanzt werden. Beispielhaft soll das südliche Bahnhofsviertel als ein dicht bebautes Quartier mit bislang nur wenigen Naturflächen stärker begrünt werden. Es müsse eine "noch stärkere Berücksichtigung des Themas Klimawandel in der Stadtplanung" geben, so Umweltreferentin Jacobs. Das gilt ebenso für Neubaugebiete wie für bestehende Stadtquartiere. Zwar gibt es seit vielen Jahren ein Förderprogramm zur Fassadenbegrünung, doch das Projekt soll nun noch intensiver beworben werden. An ausgewählten städtischen Gebäuden wird künftig gemessen, welche klimatischen Effekte eine Fassaden- oder Dachbegrünung tatsächlich hat.

Klimawandel: Das Gelände des ehemaligen Sommerbades in Allach: Hier wird feierlich ein neuer Flußarm der Würm eingeweiht mit einem Spatenstich.

Das Gelände des ehemaligen Sommerbades in Allach: Hier wird feierlich ein neuer Flußarm der Würm eingeweiht mit einem Spatenstich.

(Foto: Catherina Hess)

Die Bäche ans Licht bringen

"Die Renaturierung von Bächen und Flüssen und Wasser als städtebauliches Gestaltungselement bringen an heißen Tagen ebenfalls Abkühlung", sagt Umweltreferentin Jacobs. So könnten unterirdisch verlaufende Stadtbäche zum Teil wieder an die Oberfläche geholt werden, die Würm und die Isar noch natürlicher gestaltet werden, um weitere Wasserflächen zu erhalten. Der Hachinger Bach, das Freibadbächl, der Erlbach und der Lochhauser Fischbach sollen ebenfalls renaturiert werden. Auch an neue kleine Seen in Grünanlagen denken Experten in den Referaten bereits. Allerdings gibt es bislang noch keine Erkenntnisse, wie groß eine Wasserfläche sein müsste, um einen gewissen Kühlungseffekt auf die weitere Umgebung zu erzielen. Als Pilotprojekt ist am Rindermarkt ein Trinkwasserbrunnen aufgestellt, um Passanten bei großer Hitze Wasser zu spenden. Sollte sich der Brunnen bewähren, sollen insbesondere in der Münchner Altstadt sukzessive weitere Brunnen folgen. Für Notsituationen soll es künftig eine alternative Trinkwasserversorgung in München geben. So könnten sogenannte Gruppenzapfstellen bei extremer Hitze und Trockenheit die Bevölkerung mit Trinkwasser versorgen. Die bereits bestehenden Notfallbrunnen sind nach Angaben des Umweltreferats nicht mehr komplett betriebsbereit.

Das Grundwasser messen

Durch den Klimawandel wird es künftig auch häufiger Starkregen geben. Damit steigt die Gefahr von Hochwasser und steigendem Grundwasser, das dann in die Keller läuft. Für die einzelnen Stadtbäche soll deshalb ein Hochwassermanagement erstellt werden, auch der Grundwasserpegel soll künftig regelmäßig gemessen werden, um zu erkennen, wie konkret sich Niederschläge auf den Münchner Grundwasserspiegel auswirken. Für Notsituationen soll es künftig eine alternative Trinkwasserversorgung in München geben. So könnten sogenannte Gruppenzapfstellen bei extremer Hitze und Trockenheit die Münchner Bevölkerung mit Trinkwasser versorgen.

"Alle betroffenen Referate der Stadt ziehen bei der Klimaanpassung an einem Strang", sagt Umweltreferentin Jacobs. "Gemeinsam wollen wir München auf den Klimawandel vorbereiten und dessen unvermeidbare Folgen für die Münchnerinnen und Münchner abmildern." Bereits in drei Jahren soll dem Stadtrat ein Zwischenbericht vorgelegt werden, welche Vorhaben bis dahin umgesetzt werden konnten.

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