Klimaschutzprogramm:Weniger heiße Luft

Rauchende Schlote in der Morgendämmerung bei großer Kälte München Oberbayern Bayern Deutschland

München qualmt: Zum Jahreswechsel ist ein neues Klimaschutzprogramm in Kraft getreten, das die Kohlendioxid-Emissionen reduzieren soll.

(Foto: Imago)
  • Jeder Münchner produziert durchschnittlich im Jahr 7,6 Tonnen Kohlendioxid.
  • Diese Zahl liegt rund 33 Prozent unter dem Wert von 1990.
  • Bis 2030 will das Rathaus mit einem neuen Klimaschutzprogramm eine Einsparung von 50 Prozent erreicht haben.

Von Dominik Hutter

Es sind noch immer 7,6 Tonnen. Pro Einwohner und Jahr. Dennoch hat München beim Ausstoß von Kohlendioxid schon einiges erreicht, die aktuelle Zahl liegt rund 33 Prozent unter dem Wert von 1990. Bis 2030 will das Rathaus eine Einsparung von 50 Prozent erreicht haben - im Einklang mit diversen selbst gesetzten oder mit anderen Partnern vereinbarten Klimaschutzzielen.

Es muss weltweit noch viel passieren, warnt Umweltreferent Joachim Lorenz (Grüne), um den Temperaturanstieg bis zum Ende des Jahrhunderts auf jene zwei Grad Celsius zu begrenzen, die als halbwegs beherrschbar gelten. Nach neuesten Berechnungsmethoden sind, wenn es schlecht läuft, bis zu 5,4 Grad möglich. Langfristiges Ziel ist es, die Münchner auf 2,5 Tonnen Kohlendioxid pro Kopf und Jahr zu beschränken.

Ambitioniertes Programm mit vielen Baustellen

Zum Jahreswechsel ist in München deshalb ein neues Klimaschutzprogramm in Kraft getreten, die zweite Fortschreibung des 2010 erstmals aufgelegten Maßnahmenpakets. 90,7 Millionen Euro will die Stadt in drei Jahren in den Klimaschutz investieren, dazu kommen Sachkosten von 4,9 Millionen und Personalkosten von 2,4 Millionen Euro. Allerdings werden nicht alle der insgesamt 87 Projekte (26 davon neu) aus einem Extra-Etat finanziert. Zahlreiche Posten, etwa für den Ausbau von Radwegen, finden sich an anderer Stelle des kommunalen Haushalts, sind aber im Klimaschutzprogramm mitaufgeführt.

Lorenz preist sein Programm als "das ambitionierteste, das es in einer deutschen Großstadt gibt". Auch die meisten Parteien loben das Papier. Bei der Abstimmung Ende November waren lediglich ÖDP, Linke und der rechtsradikale Stadtrat Karl Richter dagegen - aus unterschiedlichen Motiven. Vor allem dem ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff gehen die Bemühungen nicht weit genug. Michael Mattar (FDP) hingegen hatte versucht, das Programm um gut drei Millionen Euro abzuspecken. Als ihm dies mangels Mehrheit nicht gelang, entschied sich seine Fraktion dennoch für ein Ja.

Die wichtigsten Bausteine lesen Sie im Detail aus den kommenden Seiten.

Wohnen und Verkehr

Wohnungen

Ein Grundproblem bleibt immer: Die Stadt kann lediglich bei den eigenen Gebäuden verbesserte Energiestandards anordnen. Da die Verwaltung selbst nur für etwa drei Prozent der CO₂-Emissionen verantwortlich ist, richtet sich das Augenmerk vor allem auf die rund 60 000 Wohnungen der städtischen Unternehmen GWG und Gewofag - bei Sanierung wie auch Neubau sollen die gesetzlichen Mindestanforderungen stets überschritten werden. Auch im geförderten Wohnungsbau werden strengere Maßstäbe für Energieeffizienz vorgegeben, zudem verlangt die Stadt beim Grundstücksverkauf die Zusicherung des neuen Eigentümers, einen energetischen Mindeststandard einzuhalten. Schwerpunkt ist aber das Förderprogramm Energieeinsparung, mit dem auch private Hauseigentümer zu verbesserter Wärmedämmung, neuen Heizungssystemen und anderen Einsparmöglichkeiten motiviert werden. Es wird von bislang zehn auf 14 Millionen Euro pro Jahr aufgestockt.

Verband: Wohnungen ´energetisch" in Top-Zustand

Die Stadt stockt das Förderprogramm für Wärmedämmung auf.

(Foto: Marc Müller/dpa)

Stadtplanung

Mit der Stadtplanung lässt sich eher langfristig etwas erreichen - dafür aber auch mit lang anhaltender Wirkung. Es geht darum, energieeffiziente Siedlungen zu entwerfen, Frischluftschneisen frei zu halten oder Naherholungsflächen zu sichern. Freizeitmöglichkeiten direkt vor der eigenen Haustür können dazu beitragen, dass die Münchner seltener ins Auto steigen, um ins Grüne oder an den Badesee zu gelangen. Die Stadt will zudem per Analyse ermitteln, welches Potenzial für Solaranlagen es in München noch gibt.

Verkehr

Beim Verkehr, da macht sich die Stadt keine Illusionen, ist allein mit verbesserter Effizienz nicht mehr viel zu holen. Die Münchner müssen ihr Mobilitätsverhalten ändern - oder aber durch die Politik dazu gebracht werden. Im Klimaschutzprogramm tauchen allerdings keine Zumutungen für Autofahrer, sondern ausschließlich Angebote und Förderprogramme auf. So sollen möglichst viele Wege, die kürzer sind als fünf Kilometer, per Fahrrad oder zu Fuß zurückgelegt werden. Der Anteil des Fahrrads am Verkehrsmittel-Mix soll möglichst schon 2015 auf 20 Prozent steigen. Dafür werden verbessertes Marketing für umweltfreundliche Verkehrsmittel, aber auch neue Fußwege-Karten, der Ausbau des MVV, Verleihsysteme oder ein Mobilitätskostenrechner benötigt. Die Mobilitätsberatung für werdende Eltern wurde jedoch auf Wunsch des Stadtrats von 230 000 auf 135 000 Euro abgespeckt. Das muss reichen, findet die Mehrheit der Stadträte.

5. Münchner Radlnacht

Auch in die Infrastruktur für Radfahrer soll investiert werden.

(Foto: Florian Peljak)

Gewerbe und Fuhrpark

Gewerbe

Die Industrie ist für 45 Prozent aller Münchner CO₂-Emissionen verantwortlich, das Umweltreferat sieht daher ein enormes Einsparpotenzial von bis zu 255 000 Tonnen pro Jahr. Allerdings ist der Großteil davon nur durch die freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen zu schaffen. Die Stadt setzt daher auf Zuschüsse und Beratungsangebote. Die Wärmedämmung von Gewerbebauten wird mit bis zu 50 000 Euro je Firma gefördert, es gibt Beratungszuschüsse sowie eine Vorbildfunktion der Stadt bei eigenen Unternehmen. Dazu zählen vor allem der Tierpark, der Flughafen und der Gasteig.

Energie

Mehr als bei der Energieerzeugung lässt sich nirgendwo CO₂ einsparen, die Stadt hält fast 990 000 Tonnen pro Jahr für möglich. Kernpunkt ist der Ausbau regenerativer Energiequellen durch die Stadtwerke, der allerdings nur in begrenztem Maße in München und seinem Umland stattfindet. Bis 2040 wollen die Stadtwerke rein rechnerisch (also auch mit Kraftwerken außerhalb der Stadt) den gesamten Strombedarf Münchens aus erneuerbaren Quellen decken können.

Städtischer Fuhrpark

Die Stadt will künftig sparsamere Autos anschaffen und ihre Mitarbeiter dazu animieren, auch mal eine kürzere Dienstfahrt auf dem Fahrrad anzutreten.

Informationen

Mit zahlreichen Kampagnen, Broschüren und Info-Besuchen (auch in Klassenzimmern) will die Stadt ihren Bürgern erklären, wie sich Energie einsparen lässt.

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