Klimaschutz:So wird München seine Klimaziele nicht einhalten

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Das Heizkraftwerk Nord müsste schnell stillgelegt werden. (Foto: Robert Haas)
  • Die Stadt München will bis 2030 ihren CO₂-Ausstoß im Verlgeich zum Jahr 1990 halbieren.
  • Ab 2050 soll gar kein Kohlendioxid mehr produziert werden.
  • Um diese Ziele zu erreichen, muss sich die Stadt einem Gutachten zufolge sehr anstrengen.

Von Thomas Anlauf, München

Die Landeshauptstadt hat sich beim Klimaschutz ehrgeizige Ziele gesteckt: Spätestens bis zum Jahr 2030 soll der Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO₂) im Vergleich zum Jahr 1990 halbiert werden. Mit dieser kommunalen Anstrengung will München seinen Beitrag leisten, damit die Erderwärmung 1,5 Grad Celsius nicht übersteigt. Auch ein Szenario für 2050 gibt es längst, dann soll in München möglichst kein CO₂ mehr produziert werden. Doch ein vom Umweltausschuss beauftragtes Gutachten kommt zu einem ernüchternden Fazit. Mit den bisherigen Maßnahmen "wird das Ziel nicht erreicht werden", sagt Gutachter Christof Timpe vom beauftragten Öko-Institut.

Zwar bescheinigt der Freiburger Klimaexperte München, "eine schon sehr aktive Stadt" zu sein, "sehr ambitioniert und fortschrittlich" bei der Frage nach Klimaschutzkonzepten. Doch die bisherigen Anstrengungen reichen laut dem mehr als 300 Seiten starken Gutachten nicht aus, um die gesteckten Ziele zu erreichen. München dürfte theoretisch von Juni 2019 an überhaupt keine Emissionen mehr ausstoßen, wenn es bis dahin einen gleichbleibenden Energiebedarf gibt. Das Klimaziel müsse "in allen Bereichen zur Chefsache erklärt werden", sagte Timpe bei der Vorstellung des Münchner Gutachtens am Donnerstagabend. Ob Oberbürgermeister, Firmenchefs, Bauunternehmer oder die Münchner Bürger - alle müssten aktiv in die Problematik einbezogen werden.

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Das Öko-Institut hat in seinem Gutachten drei Szenarien ausgearbeitet, wie sich eine unterschiedliche Klimapolitik bis ins Jahr 2050 auswirken würde. In allen drei Szenarien gehen die Forscher davon aus, dass das umstrittene Heizkraftwerk Nord 2 zwischen 2025 und 2030 abgeschaltet wird. Die Gutachter empfehlen, das mit Steinkohle gefeuerte Kraftwerk möglichst vorzeitig stillzulegen, da die Anlage "aufgrund des Einsatzes von Kohle hohe Emissionen aufweist, die auch durch die hohe Effizienz der Anlage nicht kompensiert werden können".

Das sogenannte Referenzszenario geht davon aus, dass die bislang gefassten Beschlüsse zur Reduzierung des Energieverbrauchs und der Treibhausgas-Emissionen umgesetzt und beibehalten werden. Es setzt aber voraus, dass der Verkehr in München angesichts des begrenzten Platzes nicht unbegrenzt wachsen kann. Das Fazit dieses Szenarios: Das Klimaziel wird weit verfehlt, eine Null-Emission bis 2050 wäre utopisch.

Auch beim Verkehr würde sich nicht allzu viel ändern, im Gegenteil: Wegen des starken Wachstums der Stadt - im Jahr 2040 dürften etwa zwei Millionen Menschen in München leben - würde der motorisierte Individualverkehr von 16 Milliarden gefahrenen Kilometern pro Jahr auf 20 Milliarden steigen. Öffentlicher Nahverkehr und Fahrrad würden in etwa gleich bleibend genutzt, auch der Anteil der Fußgänger bleibe konstant.

Anders bei einem moderaten Szenario: Der Autoverkehr würde zurückgehen auf etwa 13 Milliarden gefahrene Kilometer, der öffentliche Verkehr und der Radverkehr stark zunehmen. In diesem Szenario würde München 81 Prozent weniger Treibhausgase produzieren als 1990. Das ambitionierteste Ziel, 2050 klimaneutral zu sein, würde bedeuten, dass München in 33 Jahren keine Treibhausgase mehr ausstößt. Dann würde sich der Individualverkehr im Vergleich zu heute bis 2050 etwa halbieren, die Pkw aber längst nicht mehr mit Verbrennungsmotoren fahren.

Die Gutachter raten der Stadt, die Anstrengungen zu verschärfen, sodass im Jahr 2030 noch drei Tonnen CO₂ pro Person in die Atmosphäre geblasen werden (2013 waren es noch 11,8 Tonnen) und 2050 nur noch 0,3 Tonnen. Dann wäre München eine klimaneutrale Stadt. "Es gibt extremen Handlungsbedarf", sagt Timpe. Am 27. September stimmt der Stadtrat darüber ab, wie das Gutachten umgesetzt werden soll.

© SZ vom 16.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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