Kleine Münchner Vogelkunde (7):Der Kleiber

Kinder besitzen kaum noch Wissen über die heimischen Vögel. Eine kleine Vogelkunde soll dies ändern. Der Kleiber.

Astrid Becker

In der Welt der Vögel herrscht eigentlich ein ehernes Gesetz: Während die Männchen ihr Leben laut trillernd oder pfeifend verbringen, haben die Weibchen schlicht und ergreifend die Klappe zu halten. Beim Kleiber ist das anders. Hier sind beide Geschlechter in gleichem Maße sanges- und ruffreudig - was bei Wissenschaftlern, die die Reviere und damit die Brutplätze der Kleiber erforschen wollen, immer wieder zu Irritationen führt. Diese Vögel setzen sich auch gern ins gemachte Nest, sofern es eine Höhle ist, die ein Bunt- oder Grünspecht ihnen hinterlassen haben.

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(Foto: Foto: P. Bria/oh)

Doch es gibt noch mehr Besonderes über die Piepmätze zu berichten: Weil sie einen Zeh nach hinten klappen können und auf diese Weise über zwei Zehen vorne und zwei Zehen hinten verfügen, schaffen es Kleiber als einzige Vogelart in Europa, kopfüber Baumstämme hinabzulaufen. Und sie sind treu - in jeder Hinsicht. Von ihren Liebsten und ihren Bruthöhlen bewegen sie sich sehr ungern weg - nur ausnahmsweise und nur, wenn es unbedingt sein muss.

Es verwundert also nicht, dass der Kleiber auch gern an ihm bekannte Futterspender kommt, und zwar immer wieder. Allerdings sollte diese Nahrungsquelle so beschaffen sein, dass er sich an ihr wie an einer Rinde festhalten kann. Also Kleiberfreunde: Bitte daran denken und sogenannte Futterrahmen oder Draht-Futtersäulen besorgen!

Am vom Menschen für sie gedeckten Tisch bevorzugen Kleiber übrigens Erdnussbruch. Forscher haben beobachtet, dass Elternvögel - werden sie zur Brutzeit mit Erdnüssen gefüttert - kaum von diesen Energiebomben lassen können. Bei ihren Jungen hingegen achten sie auf gesunde und ausgewogene Kost, bestehend aus Leckereien wie Käfer, Spinnen und Insektenlarven.

Kleiber profitieren auch von schwefelfreiem Benzin und besserer Heiztechnik - weil dadurch der Wuchs von Flechten und Moosdecken an den Bäumen endlich wieder begünstigt wird. In vielen Städten, so auch in München, waren diese Pflanzen mit den für Kleiber so interessanten Insekten jahrelang regelrecht vergiftet worden - nun hat sich die Lage, dank moderner Technik, für die Pflanzen, ihre Insekten und damit auch für die Kleiber wieder verbessert.

Der Name kommt übrigens von der Fähigkeit dieser Vögel, den Eingang zu ihren Bruthöhlen durch "Kleibern", also Kleben von Lehmkügelchen, so zu verkleinern, dass kein anderer Vogel mehr durchpasst - wie etwa Sperber oder Waldkäuze, die natürlichen Feinde des kompakten, etwas gedrungenen Vögelchens. Sein Federkleid ist oben graublau, unten hell bis rostbeige. Im Gesicht ziert den Kleiber ein langer schwarzer Augenstreif. Spaziergänger erleben es im Wald oft, dass ihnen plötzlich jemand nachpfeift - das ist der Kleiber, wer sonst.

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