Klage:Gericht urteilt über Fahrverbote

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Umwelthilfe erhofft sich klare Vorgaben für die Stadt

Von Dominik Hutter, München

Der lange juristische Weg hat bereits 2005 begonnen. Damals stellte sich bei einem Pressegespräch in einem Neuhauser Café der Anwohner Dieter Janecek vor, der gegen die Überschreitung der EU-Grenzwerte vor Gericht ziehen wollte. Es ging um die Feinstaubbelastung an der Landshuter Allee, und der heutige Bundestagsabgeordnete der Grünen trug den Sieg davon. Tatsächlich werden, nach Einführung einer Umweltzone, die Feinstaub-Limits inzwischen weitgehend eingehalten. Beim Stickstoffdioxid, das anders als Feinstaub nahezu ausschließlich durch Auto-, genauer: Dieselmotoren, erzeugt wird, ist München davon noch weit entfernt. Voraussichtlich im Februar soll der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in letzter Instanz über das Münchner Verkehrsgeschehen urteilen. Es ist gut möglich, dass sich viele Besitzer von Dieselautos dann entsetzt mit dem raschen Verkauf ihres Fahrzeugs beschäftigen müssen. Remo Klinger, der Anwalt der Deutschen Umwelthilfe, geht davon aus, dass die Richter über kurzfristige Diesel-Fahrverbote entscheiden. Schotten dicht sozusagen - im Dienste der Umwelt.

2012 bereits wurde der für den Luftreinhalteplan zuständige Freistaat dazu verdonnert, wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um die EU-Limits einzuhalten. Das ist bislang nicht gelungen, die Deutsche Umwelthilfe erwirkte daher mit Unterstützung der britischen Organisation "Client Earth" ein Zwangsgeld in Höhe von 10 000 Euro, falls die Latte bis Juni 2017 immer noch gerissen wird. Gegen dieses Urteil des Verwaltungsgerichts München haben Freistaat und Stadt Beschwerde beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingelegt. Die Verhandlung war eigentlich für diesen Donnerstag angesetzt, wird aber nun doch wohl erst im Februar stattfinden.

Die Richter wollen explizit über die juristischen Möglichkeiten für Diesel-Fahrverbote wie auch deren praktische Umsetzung und Kontrolle beraten. Sollten sie tatsächlich die Schranken für dieselbetriebene Autos herunterlassen, wäre dies für die Stadt München eine Niederlage auf ganzer Linie. Denn die Juristen der Kommune sind nach einer Prüfung zu dem Ergebnis gekommen, dass die Straßenverkehrsordnung einen derart einschneidenden Schritt nicht zulässt. Weil die Folgen für die Autofahrer und vor allem -besitzer unverhältnismäßig seien, weil niemand ein solches Verbot wirksam kontrollieren könne und weil es schlicht keine entsprechende bundeseinheitliche Rechtsgrundlage gebe. Die Stadt, wie übrigens auch die Landesanwaltschaft Bayern, widersprechen damit Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt, der Diesel-Fahrverbote schon jetzt für juristisch möglich hält.

Umweltreferentin Stephanie Jacobs hält dagegen eine "weichere" Methode für zielführender: die Einführung einer neuen Plakette, die nur Autos mit geringem Stickstoffdioxidausstoß erhalten würden. Der neue Aufkleber würde dann neben dem bestehenden grünen Wapperl zum Befahren der Umweltzone innerhalb des Mittleren Rings berechtigen. Mit Übergangsfristen und Ausnahmeregelungen könnten wirtschaftliche und soziale Härten vermieden werden, hofft Jacobs. Denn eines ist klar: Mit einem radikalen Diesel-Zufahrtsverbot wären viele Autos für ihre Besitzer nahezu wertlos - oder könnten nur noch weit unter dem heutigen Wert in die Provinz verschachert werden.

© SZ vom 24.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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