Klage gegen Ärzte:Sturz im Klo

Eine Patientin rutscht in einer Arztpraxis aus und verletzt sich am Knie: Nun hat sie zu einem ungewöhnlichen juristischen Rundumschlag ausgeholt. Ihr Anwalt verklagt gleich drei Ärzte und fordert 142.000 Euro Entschädigung. Den hohen Streitwert nennt der Richter "sehr ambitioniert", einlenken will die Klägerin aber nicht.

Von Ekkehard Müller-Jentsch

Eine 52-jährige Münchner IT-Spezialistin ist in der Toilette einer Arztpraxis ausgerutscht und gestürzt. Weil sie seitdem Probleme mit einem Knie habe, hat ihr Anwalt zu einem ungewöhnlich teuren juristischen Rundumschlag ausgeholt: Gleich drei Ärzte wurden auf 16.000 Euro Schmerzensgeld sowie rund 126.000 Euro Schadenersatz für Verdienstausfall und Haushaltshilfe verklagt.

Und obwohl die Klage ziemlich aussichtslos sein dürfte, muss der Prozess voraussichtlich trotzdem mit der Beauftragung von Sachverständigen fortgesetzt werden.

Die Patientin leidet unter Venen-Problemen und hatte sich deshalb zur Behandlung in die dermatologische Arztpraxis begeben. Als sie pünktlich zum Termin erschien und umgehend in das Sprechzimmer geführt werden sollte, winkte die Frau ab. Sie wolle erst auf die Toilette, erklärte sie der Sprechstundenhilfe.

Sekunden später passierte das Malheur, auf dem angeblich feuchten Boden: "Mir hat es den Fuß weggezogen und das Knie verdreht", erklärte sie nun vor Gericht. "Ich dachte, mir wird ein Messer hineingestoßen." Die Arzthelferin sei sofort gekommen und habe ihr ins Behandlungszimmer geholfen. "Ich konnte kaum auftreten", sagte sie. Es sei eine Schwäche im Knie gewesen.

Die Ärztin bat daraufhin den diensthabenden Orthopäden aus einer benachbarten Klinik, nach dieser Patientin zu schauen. Der Doktor konnte außer einem leichten Druckschmerz aber keine Beeinträchtigungen feststellen. Er riet der Frau vorsichtshalber, das Bein zu schonen und sich bei anhaltenden Beschwerden einem niedergelassenen Orthopäden vorzustellen.

Richter rät zur Klagerücknahme

Die Gestürzte behauptete nun, in der Nacht "tierische Schmerzen" bekommen und deshalb dann auch einen Facharzt aufgesucht zu haben. "Der wollte gleich operieren", das habe sie jedoch bis heute abgelehnt. Vor Gericht erzählte sie noch von zwei alten Ski-Verletzungen an diesem Bein, die aber ausgeheilt seien: Ihre bis heute anhaltenden Beschwerden könnten also nur von dem Klo-Sturz stammen.

Allein 16.000 Euro Schmerzensgeld will sie von der Praxisinhaberin, sowie der behandelnden Dermatologin und dem Klinik-Orthopäden. Zum Vergleich: 15.000 Euro wurden laut Schmerzensgeldtabelle von einem anderem Gericht einem Mann zugesprochen, der unverschuldet eine offene Oberschenkel- und Ellenbogenfraktur erlitten hat, sowie Zehen- und Handbrüche, Riss- und Platzwunden, und der monatelang im Rollstuhl saß.

Der Einzelrichter der Arzthaftungskammer am Landgericht München I machte der Frau klar, dass generell in WC-Räumen immer mal Tropfen auf dem Boden sein könnten - das gehöre "zu den Unwägbarkeiten des Lebens" und sei nicht vorwerfbar. Zudem hätten die beklagten Ärzte anschließend offenbar alles richtig gemacht.

Der Richter riet der Frau zur Klagerücknahme. Das lehnte ihr Anwalt jedoch ab, er will stattdessen Sachverständige hinzuziehen. Auch von einer Reduzierung der Klagesumme mag er nichts wissen. Der Richter nannte den für diesen Fall extrem hohen Streitwert "sehr ambitioniert". Sollte der Anwalt nicht einlenken, wird der Prozess fortgesetzt.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: