Kirchtrudering:"Ich habe es mit Freude gemacht"

Pfarrer Herbert Kellermann wirkt seit 45 Jahren in Kirchtrudering und hört jetzt auf.

Priester Herbert Kellermann geht in den Ruhestand.

(Foto: Florian Peljak)

Seit 1970 hat der Priester Herbert Kellermann die Gemeinde St. Peter und Paul betreut. Nun geht er in den Ruhestand

Von Renate Winkler-Schlang, Kirchtrudering

Heutzutage wäre es wohl nicht mehr möglich, 45 Jahre in der selben Pfarrei Priester zu sein. Herbert Kellermann, der im Sommer mit fast 75 Jahren in Ruhestand geht, hat es geschafft: Am 15. September 1970 wird er als junger Kaplan nach St. Peter und Paul versetzt, betreut die Filialgemeinde St. Martin in Riem. Fünf Jahre später wird Kellermann zum damals jüngsten Pfarrer Münchens und Kardinal Julius Döpfner überträgt ihm die Pfarrei. Kellermann sitzt in seinem Wohnzimmer und denkt zurück: Jahrelang hatte er den Lärm der Flugzeuge ertragen. "Danach wollte ich endlich die Ruhe genießen." 1994 ernennt ihn Kardinal Friedrich Wetter zum Geistlichen Rat.

In seinem 65. Lebensjahr wird Kellermann lebensbedrohlich krank. Selbst vom Krankenhaus aus kümmert er sich um seine Gemeinde. Danach, eigentlich im Pensionsalter, will er zurück zu den Menschen. Er sollten noch zehn Jahre werden: Am 9. November kann Kellermann seinen 75. Geburtstag feiern.

Das wird er schon in Polling bei Weilheim tun, im dortigen Dominikanerinnenkloster wird er leben und im Pfarrverband und auch im Hospiz helfen. Für den bodenständigen Priester schließt sich damit ein Kreis, denn 1945 war der Münchner mit Mutter und Bruder nach Polling gekommen. Kommunion, Firmung und Ministrantendienst dort haben den Jungen, dessen Vater im Krieg blieb, geprägt. Seine Urlaube verbrachte er in Polling, setzte sich für die örtlichen Gotteshäuser ein.

Nach seiner ersten Kaplanszeit in Inzell war er froh gewesen, nach München zu dürfen, denn seine Mutter lebte inzwischen in Denning. Sie führte ihm dann den Haushalt. Seit ihrem Tod 1995 hat sie ihr Grab drüben auf dem alten Riemer Friedhof. Dieses Grab, das einmal auch seine letzte Ruhestätte werden soll - ist nicht das einzige, was er vermissen wird. "Die Menschen werde ich vermissen": die Jugend, mit der er stets gut ausgekommen sei; die Vereine, die ihm willkommen waren und ihn reihenweise zum Ehrenmitglied ernannten; die Kirchenmusiker, die ihres dazu betrugen, dass Kellermann sagen kann: "Wir haben sonntags noch eine volle Kirche."

St. Peter und Paul wächst auch, weil der Stadtbezirk wächst. Als Kellermann kam, gab es noch Wiesen rund um seine Kirche, einzelne Bauernhöfe. Heute zählt seine Gemeinde 6763 Katholiken. Östlich kam die Messestadt, zu der nun auch schon 3163 katholische Gläubige gehören. Kellermann segnete anfangs den Grundstein von St. Florian dort, weihte die Glocke. Er versteht sich gut mit Pfarrer Martin Guggenbiller aus der Messestadt, der nach Kellermanns Abschied den dann zu bildenden Pfarrverband leiten wird.

Denkt er an die Bürokratie, die immer mehr Raum einnimmt, geht er gerne. Denkt er an die schönen Begegnungen, beschleicht ihn Wehmut: Mit Freude habe er Kinder getauft. "Inzwischen schon die Enkel der ersten Täuflinge." Immerhin, so sagt er, habe er nie eine Beerdigung vergessen. Erinnerungen. Die Neugestaltung der Kirche gehört dazu, eingeweiht vom damaligen Kardinal Joseph Ratzinger. Ein gerahmtes Foto beweist es. Dann kam die neue Orgel. Pfeifen der alten hängen in seinem Wohnraum. Der Kindergarten wurde renoviert, das Pfarrheim gebaut, St. Peter und Paul und St. Martin in Riem außen renoviert. Auch mit jedem Projekt wurde die Verbindung zu dieser Heimat stärker.

Und mit jedem Lebensjahr wurde der streng erzogene und selbst anfangs strenge Priester milder, verständnisvoller. Wiederverheiratete wolle er nicht mehr verurteilen, es könne gute Gründe geben, nicht in einer Ehe zu bleiben. Für manchen auch Gründe, nicht in der Kirche zu bleiben. Aber, so Kellermann: "Manchmal kommen sie zurück." Er lächelt weise.

Nun muss er packen. Am 19. August kommt der Möbelwagen, am 31. ist die Ära Kellermann zu Ende. Doch vorher wird in Etappen der Abschied gefeiert. "Seine" Jugend richtet ihm ein Fest aus. Am Sonntag, 26. Juli, nach der Cäcilienmesse, wird drüben in der Messestadt in der Wappenhalle gefeiert. Er wird unzählige Hände schütteln und seine Bilanz noch oft wiederholen: "Ich bin dankbar. Ich habe es mit Freude gemacht. Und ich habe viel Glück gehabt."

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