Kirchen-Millionen für Hugendubel:Krösus und Samariter

Reinhard Marx

In Anlehnung an Namensvetter Karl hat Kardinal Reinhard Marx sein Buch "Das Kapital" überschrieben. Darin geht es um soziale Verantwortung von Unternehmern, mit der die Kirche nun den Kredit begründet.

(Foto: AP)

Der Deal ist perfekt: Das Erzbistum München gibt dem Buchhändler Hugendubel ein 20-Millionen-Euro-Darlehen, um die Folgen der Weltbild-Insolvenz abzumildern. Eine Rettungstat, die sich die Kirche problemlos leisten kann.

Von Katja Riedel und Jakob Wetzel

Der Rettungsplan der Bistümer München-Freising und Augsburg für den Weltbild-Verlag und das Unternehmen Hugendubel steht: Insgesamt 35 Millionen Euro stellen München und Augsburg sofort bereit, um die Mitarbeiter vor weiteren schwerwiegenden Folgen der Weltbild-Insolvenz zu schützen. Seit Tagen hatten Insolvenzverwaltung, Finanzierer und Kirchenvertreter um eine rasche Lösung gerungen. Jetzt gibt das Münchner Erzbistum 20 Millionen Euro in zwei Tranchen zu je zehn Millionen Euro an die Hugendubels: viel Geld, welches das Erzbistum aber offenbar ohne Weiteres aufbringen kann - und das, obwohl es erst in dieser Woche auch für andere Projekte Millionenbeträge zugesagt hat.

14,6 Millionen Euro für eine neue Kirche in Poing, 10,6 Millionen Euro für ein Gotteshaus in Holzkirchen, jetzt 20 Millionen Euro für Hugendubel, womöglich gar noch mehr: Finanzielle Probleme scheint das Erzbistum derzeit nicht zu kennen. Wie vermögend die Kirche tatsächlich ist, ist allerdings selbst dem Erzbischöflichen Ordinariat unklar. Die Vermögensverhältnisse sind derart kompliziert, dass die Kirchenleitung selbst nicht exakt beziffern kann, über wie viel Besitz sie verfügt. Mitarbeiter der Verwaltung sind derzeit damit beschäftigt, sich einen Überblick zu verschaffen. Die Recherchen sollen mehrere Jahre dauern.

Derzeit sind nur einzelne Kennzahlen bekannt: Der Haushalt der Erzdiözese belief sich im vergangenen Jahr auf insgesamt 664 Millionen Euro, 474,4 Millionen davon stammen aus der Kirchensteuer. Zudem veröffentlichte das Erzbistum im Herbst die Bilanzsumme des Erzbischöflichen Stuhls: Sie belief sich zum Jahresende 2012 auf 27,6 Millionen Euro. Damit ist jedoch nicht das Vermögen des Erzbistums beschrieben: Offen ist etwa, in welcher Höhe Geldanlagen, Beteiligungen, Grundbesitz und Immobilien anzusetzen sind, die nicht dem Erzbischof, sondern der Erzdiözese gehören.

Großer finanzieller Spielraum

Zum Vergleich: Das Bistum Augsburg wies im Jahr 2013 laufende Einnahmen in Höhe von 316 Millionen Euro aus. Es bezifferte zuletzt auch sein Vermögen: Zum Stichtag 31. Dezember 2012 belief es sich auf 157,3 Millionen Euro. Über das Vermögen des Bischöflichen Stuhls machte Augsburg keine Angaben.

Die Millionenprojekte dieser Woche bestreitet das Erzbistum aus unterschiedlichen Töpfen. Für Investitionen wie die neuen Kirchenbauten hatte das Erzbistum im Nachtragshaushalt 2012 eigens eine strategische Reserve in Höhe von 55 Millionen Euro zurückgelegt. Die Bauten werden also zum großen Teil aus der Kirchensteuer finanziert. Die 20 Millionen für die Rettung von Weltbild und Hugendubel dagegen werden nicht aus Steuern, sondern aus dem Vermögen der Erzdiözese bezahlt.

Hierzu hatte die Kirchenverwaltung bereits Anfang der Woche seine Zustimmung gegeben. Der Betrag entspricht dem Anteil, den das Erzbistum als Gesellschafter ursprünglich für die Restrukturierung der Weltbild-Gruppe hatte beisteuern wollen. Dabei ist der finanzielle Spielraum des Erzbistums offenbar groß genug, die jetzt bereitgestellten Millionen notfalls zusätzlich zu einem Gemeinschaftsbeitrag aller deutschen Bistümer zuzuschießen.

Den Weltbild-Hugendubel-Deal bestätigten die Bistümer Augsburg und München am Freitagmittag. Augsburg stellt der Insolvenzverwaltung einen 15-Millionen-Massekredit zur Verfügung, damit diese weiter Waren beziehen und so den Betrieb in der Konzernzentrale mit derzeit 2200 Mitarbeitern fortsetzen könne. Das Münchner Ordinariat meldete, mit den Geschwistern Nina und Maximilian Hugendubel sei eine Übereinkunft getroffen worden, der Familie ein Darlehen über 20 Millionen Euro zu gewähren.

Damit sei der Weg für eine Betriebsfortführung der Deutschen Buch Handels GmbH (DBH) frei, die eine wichtige Voraussetzung für die Fortführung von Weltbild selbst sei. In der DBH hatten Weltbild und Hugendubel 2006 ihre Buchhandelsfirmen vereinigt. Am Montag verhandelt der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz in Würzburg darüber, wie die Bistümer die Weltbild-Mitarbeiter weiter unterstützen können. München hat bereits vorgelegt.

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