Kirche:Offene Pforten

Herz-Jesu-Kirche in München, 2014

Die Herz-Jesu-Kirche in Neuhausen hat eine gläserne Fassade.

(Foto: Catherina Hess)

Papst Franziskus hat das Gnadenjahr ausgerufen, daran beteiligen sich auch Münchner Kirchen

Von Jakob Wetzel

Ein Stück weit hängt es immer auch vom Wetter ab, ob alles klappt, aber für Sonntag ist man im Pfarramt der Herz-Jesu-Kirche in Neuhausen sehr zuversichtlich: "Das Tor geht auf!" Zum Gottesdienst von 10.30 Uhr an will die Kirche symbolisch ihr 14 Meter hohes Glasportal öffnen, als "heilige Pforte" - und als was für eine: Das Tor gilt als größtes Kirchenportal der Welt. Doch eben wegen der Größe ist das Wetter wichtig. Ist es draußen zu kalt, bleibt das Tor geschlossen. Das Gotteshaus kühlt sonst aus.

Die katholische Kirche feiert an diesem Wochenende den Beginn des "außerordentlichen heiligen Jahres der Barmherzigkeit", das Papst Franziskus ausgerufen hat. Am Dienstag hat es offiziell angefangen, es dauert bis zum 20. November 2016. In der Zwischenzeit öffnen die Herz-Jesu-Kirche und sieben weitere Kirchen im Erzbistum München und Freising "heilige Pforten". Das ist ein Novum in der Kirchengeschichte: Solche Pforten sind eine Spezialität vor allem der Papstbasiliken in Rom, es gibt nur wenige Ausnahmen. Laut Erzbistum ist es nun das erste Mal, dass es "heilige Pforten" bei einem Jubeljahr auch außerhalb Roms gibt. Dahinter steht der Wunsch des Papstes, das Jahr nicht nur in Rom zu feiern, wie es Brauch ist, sondern überall.

"Heilige Jahre" kennt die katholische Kirche seit mehr als 700 Jahren. 1300 rief Papst Bonifaz VIII. ein erstes Gnadenjahr aus, um das Jubiläum der Geburt von Jesus Christus zu begehen. Pilgern wurde ein besonderer Ablass versprochen. Und dem Anlass entsprechend sollte das "heilige Jahr" alle 100 Jahre neu gefeiert werden. Später wurde das Intervall verkürzt, derzeit umfasst es 25 Jahre. Das jüngste reguläre "heilige Jahr" war 2000; damals pilgerten 25 Millionen Menschen nach Rom. Das aktuelle Gnadenjahr hat Franziskus außerhalb der Reihe ausgerufen; solche "außerordentlichen" Jubeljahre gibt es seit dem 16. Jahrhundert.

Mit Pilgern rechnen auch manche der acht Kirchen im Erzbistum, aber nicht in dieser Dimension. In München öffnet neben der Herz-Jesu-Kirche auch die Frauenkirche eine "heilige Pforte", im Erzbistum zudem der Freisinger Dom, die Klosterkirche Fürstenfeld, die Heilig-Kreuz-Kirche auf dem Kalvarienberg in Bad Tölz sowie Kirchen in Landshut, Rosenheim und Berchtesgaden. Weil keine dieser Kirchen einen gezielt als "heilige Pforte" geplanten Zugang hat, öffnen sie Türen, die aus Gewohnheit meistens geschlossen sind. Die Münchner Frauenkirche etwa sperrt ihr reich geschmücktes "Brautportal" auf, während im Inneren von zehn Uhr an unter anderem Erzbischof Reinhard Marx und der päpstliche Nuntius Nikola Eterović den Gottesdienst feiern. Das Tor liegt Richtung Marienplatz und ist heute meist verschlossen, war aber einst rege genutzt. Und die Herz-Jesu-Kirche setzt auf ihr Außenportal. Das freilich wird am Sonntag dann relativ bald wieder geschlossen. Der Innenbau der Kirche besteht nur aus Holzlamellen, und am selben Abend sei Weihnachtskonzert, heißt es im Pfarramt. Da könne man das Portal einfach nicht lange offen stehen lassen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: