Kirche:Christen als Versöhner

Kirche: Insgesamt 14 Stationen waren auf dem Kreuzweg quer durch die Innenstadt zum Marienplatz zu absolvieren.

Insgesamt 14 Stationen waren auf dem Kreuzweg quer durch die Innenstadt zum Marienplatz zu absolvieren.

(Foto: Catherina Hess)

2000 Teilnehmer laufen mit beim "Kreuzweg der Völker"

Von Gerhard Fischer

Ganz früher, da war die Karfreitagsprozession in München eine geschlossene Veranstaltung. Bayerische Katholiken waren unter sich. Das gilt längst nicht mehr, gottlob. Heute ist die Prozession ein "Kreuzweg der Völker" mit Afrikanern, Asiaten, Osteuropäern, Südeuropäern - und Bayern. Das ist ein schönes Symbol in Zeiten, in denen die Welt freiwillig, aber auch gezwungenermaßen in Europa zusammenrückt.

Freitag, 9.30 Uhr, Neuhauser Straße 6. Die Kirche St. Michael, wo der Kreuzweg beginnt, ist bereits halb gefüllt. Um 9.45 Uhr ist sie voll, die Menschen stehen schon an der Seite, später auch in den Gängen. Bischofsvikar Rupert Graf zu Stollberg spricht das Einleitungsgebet; er sagt, das Leid dieser Welt "war selten so nah wie in diesen Tagen". Stichwort Brüssel. Stichwort Syrien. Stichwort IS. Oft seien es nur Zahlen, die man wahrnehme: 31 Tote in Brüssel, mehr als 250 000 Tote im Bürgerkrieg in Syrien. Das sage aber noch nichts über "die konkreten Einzelschicksale aus", meint Stolberg. Durch Jesus am Kreuz werde das Leid des Individuums konkret. "Am Kreuz solidarisiert sich Gott mit diesen Einzelschicksalen."

Danach ziehen die Menschen hinaus in die Neuhauser Straße, es mögen mehr als 2000 sein, die bei Nieselregen zur Mariensäule am Marienplatz wallfahren. Alle paar Meter bleibt die Menge stehen. Schließlich hat der Kreuzweg 14 Stationen, also muss auf dem kurzen Weg zum Marienplatz 14 Mal angehalten werden. Und immer redet ein Gläubiger aus einer anderen Volksgruppe, bei Station sechs zum Beispiel sind die vietnamesischen Christen dran. "Veronika reicht Jesus das Schweißtuch" heißt übrigens: "Ba veronika trao khan cho chua giesu."

Am Marienplatz spricht Kardinal Reinhard Marx das Schlussgebet. Er sagt, dass alle Flüchtlinge "wie Brüder und Schwestern" aufgenommen werden müssten. "Im Kreuz Jesu verbindet sich Gott mit allen Leidenden, unabhängig von Hautfarbe, Religion und nationaler Zugehörigkeit." Zum Terror meint er, dass es niemals Gewalt im Namen Gottes geben dürfe. "Wir Christen wollen Propagandisten der Liebe sein, nicht des Hasses."

Ähnlich äußert sich der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford- Strohm bei seiner Karfreitagspredigt in der Matthäuskirche. Er warnt angesichts der Terroranschläge davor, "Hass mit Hass zu beantworten". Christen seien "Botschafter der Versöhnung".

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