Kinderhort :Es geht ums Ganze

Da im Hort an der Burmester-Schule Plätze fehlen, geraten Eltern in existenzielle Schwierigkeiten. Nun sucht die Stadtspitze das Gespräch und will kurzfristig zumindest Lösungsansätze anbieten

Von Stefan Mühleisen, Freimann

Es sind gut zwei Dutzend Anwohner in den Pausenhof der Burmesterschule in Freimann gekommen. Und sie alle haben an diesem Freitagvormittag Geschichten über ihre prekäre Lage mitgebracht. Stephanie Schwarz zum Beispiel: "Ich habe keine Arbeit, weil wir keinen Hortplatz für unseren Sohn bekommen haben." Neben ihr steht Birgit Seidl, Projektmanagerin: "Wir kriegen keinen Hortplatz, weil ich nur Teilzeit arbeite."

Es sind Geschichten aus einem umkämpften Bereich in der Kinderbetreuungslandschaft: Es geht um Hortplätze in der städtischen Einrichtung neben der Grundschule an der Burmesterstraße - in einem Viertel, in dem der Mangel an diesen begehrten Plätzen besonders groß ist. Lange und laut beschweren sich die Elternvertretung und die Schwabinger Lokalpolitik bereits über die angespannte Situation bei der Nachmittagsbetreuung der Kinder. Nun hat die Stadtspitze die drängenden Rufe erhört. "Wir werden eine Lösung finden und den Eltern etwas anbieten", verspricht Stadtschulrätin Beatrix Zurek. Neben ihr nickt die Dritte Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD): "Wir müssen sehen, wie wir das in den Griff kriegen."

Mangel an Hortplätzen, Burmesterschule Freimann, Burmesterstraße 23. Treffen von Schulreferentin Beatrix Zurek und Bürgermeisterin Christine Strobl mit Eltern.

Offenes Visier: Der Elternbeiratsvorsitzende Hans Hofmann (Mitte) übergab Bürgermeisterin Christine Strobl (Mitte rechts) und Stadtschulrätin Beatrix Zurek die Forderungen der Eltern.

(Foto: Florian Peljak)

Nach vielen Eingaben und folgenlosen Appellen sind die versammelten Eltern durchaus überrascht, dass die Behördenleiterin und die Politikerin leibhaftig vorbeischauen - und nach dem gut einstündigen, intimen Gespräch mit dem Elternbeiratsvorsitzenden sowie der Hort- und der Schulleitung Abhilfe für ihre Sorgen in Aussicht stellen. Die hatten die Eltern in einem Positionspapier klar gemacht: "Zeitnaher Ausbau der Hortkapazität" lautet die Überschrift.

Mangel an Hortplätzen, Burmesterschule Freimann, Burmesterstraße 23. Treffen von Schulreferentin Beatrix Zurek und Bürgermeisterin Christine Strobl mit Eltern.

Was fehlt, ist nicht nur der Platz für die Roller.

(Foto: Florian Peljak)

Mit dem ungebrochenen Zuzug in die Neubaugebiete wächst seit Jahren der Druck vor allem auf die Burmesterschule und den angeschlossenen Hort. Die Schule platzt mit ihrem Ganztagesangebot - zwei Züge mit acht Klassen - aus allen Nähten, viele der Eltern möchten ihre Sprösslinge nachmittags gerne im Hort untergebracht wissen. Dort stehen aber nur 162 Plätze zur Verfügung. Zeitweise waren gut 100 Kinder auf der Warteliste - bei nur einem Drittel frei werdender Plätze. Entlastung ist erst mittelfristig in Sicht: Ende 2018 soll das neue Haus für Kinder am Kiefernwald, 2022 die neue Grundschule an der Situlistraße fertig sein.

Bei Eltern sehr gefragt

Die 12 355 Hortplätze in der Stadt bieten eine Betreuung in erster Linie für Kinder von der ersten bis zur vierten Klasse. Den Kleinen steht das pädagogisch begleitete Angebot nach dem Unterricht mitunter bis 18 Uhr offen - auch in den Ferien. Wegen der langen Betreuungszeiten - und der günstigen Kosten - sind Horte bei Eltern sehr gefragt. Dabei kam es häufig vor, dass Bewerber falsche Angaben machten, um ihre Chance auf einen Platz zu erhöhen; sie schwindelten etwa bei den Arbeitszeiten - denn Vollzeitarbeitende haben bei der Vergabe Vorrang. Seit Januar 2017 müssen Bewerber Nachweise ihres Arbeitgebers vorlegen. smüh

Der Hort ist deshalb für die Familien so begehrenswert, weil die Kinder dort deutlich länger am Tag und auch in den Ferienzeiten betreut werden. Das ist entscheidend für Berufstätige wie etwa Stephanie Schwarz. Die Verwaltungsangestellte hatte sich bei ihrem Arbeitgeber vergebens um eine flexible Arbeitszeitlösung bemüht. Da sie keinen Hortplatz bekam, der einen Fulltime-Job ermöglicht hätte, musste sie kündigen; das weggebrochene Einkommen brachte die Familie in finanzielle Schwierigkeiten. Stephanie Schwarz steckt nun ebenso in einem Dilemma wie ihre Nachbarin Birgit Seidl, die bisher ebenfalls bei der Hort-Bewerbung leer ausging: "Wir erreichen die nötige Punktzahl nicht, weil ich Teilzeit arbeite. Vollzeitbeschäftigte Paare werden bevorzugt behandelt." Offenbar eine besondere Form der Teilzeitfalle, die nun auch Stephan Till fürchtet. Die Familie des 39-Jährigen braucht die zwei Gehälter, um das auf Schulden finanzierte Eigenheim abzubezahlen. "Wir hoffen auf eine kurzfristige Lösung", sagt er.

58 Kinder sind derzeit noch auf der Warteliste. Stadtschulrätin Zurek zeigt sich zuversichtlich, schon bald eine Lösung auf den Weg bringen zu können. Drei Optionen kamen zur Sprache: Zum einen könnte der Hort um einen Pavillon-Bau erweitert werden, was "nicht kurzfristig umsetzbar ist", wie Strobl sagte. Schneller ginge die Anmietung eines Objektes zur Zwischenmiete. Drittens besteht noch die Möglichkeit, den Kindern Plätze in anderen Einrichtungen zu verschaffen und sie mit einem Shuttleservice von der Burmesterschule dort hinzubringen.

Unterdessen drängt die Zeit, der Beginn des Schuljahres rückt näher. Auch das ist den Emissären der Stadt klar, wie Elternbeiratsvorsitzender Hans Hofmann signalisiert bekam. Bis Pfingsten sollen erste Ergebnisse vorliegen.

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