Kinderbetreuung:Mini-Kitas könnten die Betreuungsituation in München spürbar entspannen

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Mini-Küche in der Mini-Kita: Die zukünftigen Bewohner der Einrichtung in der Thorwaldsenstraße sind von der Einrichtung angetan. (Foto: Robert Haas)
  • München kommt mit dem Ausbau von Krippen, Kindergärten und Horten nicht hinterher.
  • Der Stadt fehlen für die Kinderbetreuung vor allem das Personal und die Fläche.
  • Anders als Krippen und Kindergärten tun sich Mini-Kitas leichter, weil sie nicht ganz so harten Auflagen unterliegen und leichter gebaut werden können.

Von Melanie Staudinger

Die Kinder sind sich schnell einig: Die kleine Holzküche ist das Highlight. Herdplatten, Ofenrohr, Mikrowelle, Spülbecken - alles da. Genauso wie in der großen Küche, in der die Mitarbeiterinnen dieser neuen Mini-Kita an der Thorwaldsenstraße die Häppchen für die großen Gäste vorbereiten. David Siekaczek will die offizielle Einweihung seiner fünften Kindertagesstätte feiern, Nummer sechs steht auch schon an.

Sira heißt die Firma, die Siekaczek mit Christina Ramgraber im Jahr 2012 gegründet hat. Gemeinsam entwickelten sie ein Konzept, mit dem sich schnell Kinderbetreuungsplätze schaffen lassen und das gleichzeitig die Arbeitgeber beim Ausbau der Kitas miteinbezieht. Das läuft so erfolgreich, dass auch die Stadt München überlegt, mit mehr Geld in die Förderung einzusteigen, wie eine Sprecherin des Sozialreferats bestätigt.

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Das Problem mit den Kita-Plätzen in München ist bekannt. Wegen der hohen Geburtenrate und des starken Zuzugs kommen Stadt und Träger kaum hinterher mit dem Ausbau von Krippen, Kindergärten und Horten. Dabei ist es nicht einmal das Geld, das in der dicht bebauten und teuren Stadt fehlt, sondern vor allem das Personal und die Fläche. Das Konzept der Mini-Kitas greift diese Schwierigkeiten auf. Denn die Einrichtungen von Siekaczek und Ramgraber fallen offiziell nicht in den Bereich der Kindertagesstätten, die vom Bildungsreferat verantwortet werden.

Sie zählen zur Großtagespflege, die dem Sozialreferat zugeordnet sind. Und die erleben gerade einen Aufschwung. Alleine im Jahr 2017 eröffneten 18 neue Ganztagspflegen, seit Januar diesen Jahres waren es weitere acht Einrichtungen, elf weitere sind laut Sozialreferat in der Planung. Momentan bieten die Großtagespflegen, die von mehr als 20 verschiedenen Trägern geführt werden, 690 Plätze. Der Anteil ist bei gut 67 500 Kita-Plätzen für Kinder bist zum Schuleintritt gering, das weiß auch Siekaczek.

Doch anders als Krippen und Kindergärten tun sich Mini-Kitas leichter, weil sie nicht ganz so harten Auflagen unterliegen, können also leichter gebaut werden: Sie sind für weniger Kinder konzipiert und benötigen weniger Platz. Auch sind Verhandlungen mit potenziellen Vermietern leichter, wenn nur zehn, nicht gleich 20 oder 30 Kinder Raum brauchen. Wo es für große Kitas keinen Platz mehr in der Innenstadt gibt, können Mini-Kitas sehr wohl noch entstehen.

Allerdings gibt es keine gesetzliche Grundlage, wie neue Großtagespflegen an öffentliche Fördermittel kommen. "Dementsprechend besteht auch kein Rechtsanspruch auf eine Förderung", sagt eine Sprecherin des Sozialreferats. Der Stadtrat gewährt daher auf freiwilliger Basis eine Investitionskostenförderung: Bis zu 1250 Euro können für die Erstausstattung pro Kind für höchstens zehn Kinder beantragt werden und bis zu 12 500 Euro für Umbaumaßnahmen, jedoch begrenzt auf 68 Prozent der förderfähigen Kosten. Macht also insgesamt höchstens 25 000 Euro.

Mehr als 25 000 Euro pro Einrichtung soll es vorerst nicht geben

Klingt kompliziert, hat aber in der Praxis vor allem eine Auswirkung, wie Siekaczek Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) Ende Februar in einem Schreiben vor Augen geführt hat. Völlig unzureichend sei die Unterstützung momentan. "Warum ist die Landeshauptstadt nicht bereit, in flexible, schnell aufgebaute, qualitativ hochwertige und für Eltern bezahlbare Betreuungslösungen zu investieren?", fragt er.

Dessen Büro aber teilte gut zwei Wochen später lediglich mit, dass die Angelegenheit in den Zuständigkeitsbereich von Schulbürgermeisterin Christine Strobl falle, die wiederum auf das Sozialreferat verwies. Sozialreferentin Dorothee Schiwy antwortete schließlich. Mehr als 25 000 Euro pro Einrichtung werde es vorerst nicht geben, schrieb sie. Zu unkalkulierbar seien die Kosten, die auf die Stadt zukämen. Daher sei zu befürchten, dass der Fördertopf zu schnell ausgeschöpft sei.

Man wolle lieber eine Vielzahl von Trägern mit kleineren Beträgen, als wenige mit viel Geld unterstützen. Dennoch könnte sich die Situation zumindest ein bisschen verbessern. "Wir planen, die Obergrenze für Umbaumaßnahmen zu erhöhen", sagt die Sprecherin des Sozialreferats. Die liegt derzeit bei 68 Prozent der förderfähigen Kosten. Hierzu werde gerade eine Beschlussvorlage erarbeitet, über die der Stadtrat voraussichtlich im Herbst entscheiden soll. Zur genauen Höhe äußerte sich das Sozialreferat noch nicht.

Für die Mini-Kita von Siekaczek und Ramgraber an der Thorwaldsenstraße wäre das ohnehin zu spät. Diese hat Sira mit den beiden Unternehmen Franka Emika GmbH, ein Robotik-Startup, und Wilde & Partner Public Relations finanziert. Zehn Kinder von null bis drei Jahren werden dort nun betreut, während ihre Eltern, Angestellte der Firmen, arbeiten. "Die Unterstützung bei der Kinderbetreuung war für uns der nächste logische Schritt", sagt Marion Krimmer, Geschäftsführerin bei Wilde & Partner.

Denn Teilzeit, Home-Office und flexible Arbeitszeiten gebe es bereits. Johannes Schmid, Mitgründer von Franka Emika, sagt, dass die Mini-Kita eine optimale Lösung darstelle, um für Mitarbeiter auch nach der Familiengründung ein attraktiver Arbeitgeber zu bleiben. Und Sira? Das Unternehmen plant schon die nächsten Tagesstätten, auch außerhalb Münchens, wo die Finanzierung zumindest derzeit leichter sei, sagt Siekaczek.

© SZ vom 19.06.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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