Keane in München:Softies im Synthie-Rausch

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Jede Menge Pathos und zuckersüße Balladen sind ihr Metier: Die englische Band Keane präsentiert in München ihr neues Album - doch begeistern können nur die alten Hits.

Beate Wild

In Großbritannien sind sie längst Superstars, hierzulande haben sich Keane mit ihrem Kuschelpop eine wachsende Fangemeinde ersungen. Ihr Markenzeichen war bislang der bewusst gitarrenfrei gehaltene Sound. Ein Piano, ein paar Trommeln und die betörende Stimme Tom Chaplins reichten aus, um rund acht Millionen Tonträger zu verkaufen.

Eher von der sanfteren Sorte: Das Brit-Pop-Trio "Keane". (Foto: Foto: oh)

Am Freitagabend traten die drei Briten im Münchner Zenith auf, um ihr neues Album "Perfect Symmetry" zu präsentieren - und siehe da: Der neue Keane-Sound enthält neben quirligem Synthesizer-Sounds sogar Gitarren.

Als das melancholische Trio 2004 mit ihrem Debüt-Album "Hopes and Fears" die Charts eroberte, galten sie wahlweise als die neuen Travis, die bodenständigeren Coldplay, die besseren Snow Patrol. Doch Keane waren mehr als nur die netten Jungs von nebenan, von denen Teenager-Mädchen träumen. Mit Balladen wie "This is the Last Time", "Everybody's Changing" und vor allem "Somewhere Only We Know" katapultierten sie sich in die erste Liga von Englands Soft-Pop-Markt.

Das Folgealbum "Under The Iron Sea" klang düsterer und härter, und landete wieder auf Platz eins der britischen Charts. Doch der große Erfolg schien der Band nicht gut zu bekommen. Der pausbäckige Leadsänger Chaplin machte mit Alkohol- und Drogenexzessen von sich reden. Plötzlich stand die Band kurz vor der Trennung.

Doch nun scheint wieder alles im Lot. Gerade haben Tom Chaplin, Tim Rice-Oxley und Richard Hughes ihr neues Album herausgebracht, aller Streit ist beigelegt und Chaplin hat einen Drogenentzug hinter sich gebracht.

"Perfect Symmetry" wird kommerziell sicher wieder ein Erfolg. In England spielen die drei in den Hitparaden schon wieder ganz oben mit. Musikalisch ist das neue Werk aber eine Enttäuschung. Viele Ideen wurden einfach schamlos geklaut und übernommen. So ist beispielsweise das Keyboard in "Better than this" eine Kopie des David-Bowies-Klassikers "Ashes to ashes".

Keine Frage - der aktuelle Radiohit "Spiralling" ist ein echter Hinhörer. Aber während sich auf den beiden Vorgängeralben fast jeder zweite Song als Single aufdrängte, schafften es die Lieder auf der aktuellen Keane-Platte nicht, die Konzertgänger in Ekstase zu versetzen. Irgendwie wollte der Funke nicht recht überspringen. Sänger Chaplin wirkte teilweise erschöpft, sein weinrotes Seidenhemd war völlig durchgeschwitzt. Klar, dass die alten Balladen wie "Nothing in my way", "This is the last time" oder "Is it any wonder" gut beim Publikum ankamen. Doch mögen Keane auch einige großartige Songs geschrieben haben, als Live-Band haben sie den richtigen Dreh noch nicht raus. Da gehört einfach mehr dazu, als die Synthie-Maschine anzuwerfen.

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