Katholische Kirche:"Hier muss sich etwas ändern"

Beim Jugendforum in Freising fordern katholische Jugendliche von Erzbischof Reinhard Marx, Frauen im Priesteramt zuzulassen.

M. Maier-Albang

Sogar der Bischof weiß nicht, was der Abend bringen wird. Gerade hat Reinhard Marx Autogramme auf die runden Schaumstoff-Sitzkissen seiner jugendlichen Zuhörer geschrieben. Nun steht er auf dem Podium. Vor dem Moderator liegt ein verschlossener Umschlag, darin ein Papier mit den Themen, die die katholische Jugend im Münchner Erzbistum am stärksten umtreiben.

Katholische Kirche: Autogramme vom Bischof: Reinhard Marx stellte sich im Freisinger Domgymnasium der Kritik katholischer Jugendlicher.

Autogramme vom Bischof: Reinhard Marx stellte sich im Freisinger Domgymnasium der Kritik katholischer Jugendlicher.

(Foto: Foto: Marco Einfeldt)

Den Sommer über hatten die Jugendverbände gesammelt, zweimal wurde via Internet abgestimmt. Übrig blieben 38 Themen. Noch immer zu viele, um sie auf der Bühne mit dem Erzbischof in zwei Stunden zu diskutieren. Also wurde noch einmal gewählt, diesmal ganz altmodisch mit Zetteln. Sechs Stück bekommt jeder der rund 700 Teilnehmer des "Jugendforums" am Samstagmorgen in die Hand gedrückt. Wer seine Stimme abgibt, klebt sie an Plakate, die an den Wänden der großen Aula im Freisinger Domgymnasium hängen.

Um eine jugendgerechte Liturgie geht es dabei ("Stoppt Langeweile!!!"), um fairen Einkauf ("ökologisches Grillfleisch fürs Pfarrfest!"). Am Ende aber macht ein Thema das Rennen, das den Bischof erst einmal etwas ernst dreinblicken lässt: "Gleichberechtigung von Mann und Frau bei kirchlichen Ämtern."

Zölibat, Priestertum der Frau, Diakoninnen. Das also wollen sie besprechen mit ihrem Bischof, der gleich voranschickt, dass er hierzu nichts entscheiden könne. Weltkirche-Themen eben.

Chris und Xaver vom Arbeitskreis "Gleichberechtigung" stellen sich zu Marx aufs Podium. Und wenn schon, sagen sie. Wir wollen, dass es verheiratete und unverheiratete Priester gibt, wollen die Zugangsberechtigung für Frauen zum Priesteramt, wollen Ministrantinnen im Münchner Dom, wo bislang nur Männer Dienst tun. Nun ja, sagt der Bischof. Das Erzbistum tue doch viel für die Geschlechtergerechtigkeit. Zwei Ordinariatsrätinnen, eine Frauenbeauftragte. Aber Priesterinnen in der katholischen Kirche? Nein, das geht nicht:"Wir müssen uns an Jesu Weisung halten."

Und die Ministrantinnen im Dom? Liegen in der Verantwortung des Domkapitels, meint der Bischof, "alte Tradition". Den Zölibat abschaffen, "bei dem Gedanken fühle ich mich nicht wohl", sagt Marx. Allerdings: "Über die Frage der Ehelosigkeit der Priester müssen wir tatsächlich in der Bischofskonferenz deutlicher sprechen." Nach zwanzig Minuten verspricht der Bischof, dass er weitersagen wird, dass viele aus der Jugend seines Bistums der Meinung sind, "hier müsse sich etwas ändern".

Anna Reichart aus Grafing ist 14 und sie findet es "ganz schön mutig", dass der Bischof "sich so hinstellt und sich wehrt". Seine Referatsleiter hat Marx entsandt in die Arbeitskreise des Jugendforums, das eigentlich nur deshalb stattfindet, weil die Jugendverbände sich anfangs bei dem vom Erzbischof ins Leben gerufenen "Zukunftsforum" nicht ausreichend vertreten fühlten.

Am Abend sitzen die Domkapitulare in der Aula, hören, was die Jugendlichen sagen und für manche ist es ein Déjà-vu. Von 1991 bis 1994 gab es im Bistum ein "Pastorales Forum"; Zölibat, Frauenpriestertum - alles schon damals heftig diskutiert. Geändert hat sich nichts. "Das kann er schon weiterleiten nach Rom", meint einer der Altgedienten schulterzuckend, "das endet eh wie das Hornberger Schießen."

Sie wollen Taten sehen

Noch ein paar Umschläge hat das Organisations-Team vom Bund der Deutschen Katholischen Jugend vorbereitet: Dass die katholische Kirche eine zeitgemäße Einstellung zur Sexualität finden möge, thematisiert der zweite Zettel, eine Wertschätzung des Ehrenamtes fordert der dritte. Die Ökumene kommt an sechster Stelle.

Nach zwei Stunden Bischofs-Talk sind einige vom Sitzen auf dem Boden zum Liegen übergegangen. Andere stehen schon vor der Essenausgabe. Marx ist noch immer hellwach. Da meldet sich Xaver Onderka zu Wort. 23 ist er, stammt aus Garching an der Alz. "Manche sehen Ihre Unterschrift auf dem Sitzkissen ja schon als Wertschätzung an", sagt Onderka. Er aber würde nach all den Worten gern Taten sehen. Ob der Bischof nicht doch nachdenken möge über die Ministrantinnen im Dom? "Das wäre zumindest ein Zeichen, dass wir ernst genommen werden."

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