Kartennummern ergaunert:Bei Anruf Abzocke

Die Polizei warnt vor angeblichen Hotline-Helfern, die nur Geld wollen

Von Susi Wimmer

Kriminalhauptkommissar Christoph Büchele wirft mit Anglizismen nur so um sich: "Social Engineering", sagt er etwa, oder "Call-ID-Spoofing". Der Laie versteht meist nur Bahnhof. Und die Unwissenheit der Opfer ist es auch, die es den Tätern oft leicht macht. Büchele ist Cybercrime-Cop und erzählt von einer Masche, die momentan ordentlich boomt. Betrüger rufen auf dem Festnetz an und geben sich als Mitarbeiter von Microsoft aus. Sie spähen den Computer ihrer Opfer aus, ergaunern sich Kreditkarten-Daten und verschwinden mit dem Geld irgendwo in den Untiefen des Internets. Über 160 Fälle registrierten die Münchner Ermittler in den vergangenen eineinhalb Jahren. Die Chancen, die Täter zu fassen, gehen bislang noch gegen Null.

Ein Beispiel: Am 7. Juli klingelt bei einer 55-jährigen Frau in Laim das Telefon. Auf dem Festnetzanschluss wird eine angeblich nordamerikanische Nummer angezeigt: 0010 023 200 100. Es meldet sich ein Mann, er spricht englisch mit indischem Akzent und behauptet, er sei von der Firma Microsoft und die Frau habe massive Probleme mit ihrem PC. Er redet minutenlang auf die Pflegekraft ein, umgarnt sie langsam und sagt, dass er ihr nur helfen könne, wenn er per Fernwartung Zugriff auf ihren Rechner bekomme. Die Frau meldet sich am Computer an, der Fremde loggt sich mittels der Internetseite Teamviewer ein und verkündet dann, dass die Microsoft-Lizenz abgelaufen sei und die Dame bitte ihre Kreditkartendaten angeben solle, um die Lizenz zu verlängern.

An dieser Stelle kamen der 55-Jährigen offenbar Zweifel. Sie erklärte dem Anrufer, dass sie keine Kreditkarte habe. Worauf der Mann dreist erklärte, sie könne auch 148,16 Euro auf ein französisches Konto überweisen. Was die Münchnerin dann auch nicht tat. Sie erstattete stattdessen Anzeigen bei der Polizei.

Christoph Büchele und sein Team kennt den Microsoft-Trick zur Genüge. Allein 86 Fälle wurden im vergangenen Jahr in München bekannt. Der Schaden lag bei mehr als 20 000 Euro. Zumal die Betrüger mit den ergaunerten Daten weit mehr Geld abheben, als sie zuvor angekündigt hatten. Im Schnitt sind es 500 Euro, die sie abbuchen. Und in diesem Jahr zählten die Cyber-Cops schon 75 Fälle, davon allein 22 Anrufe in den letzten vier Wochen. "Die Dunkelziffer dürfte natürlich weitaus höher sein", meint Büchele.

Die Gauner zu schnappen, hat sich bislang als nahezu unmöglich erwiesen. Die Telefonnummern werden vorgetäuscht, sie werden rund um die Welt geroutet und können nicht mehr nachverfolgt werden. Das Gleiche gilt für die Kontonummern. Auch das Geld fließt über mehrere Stationen "in irgendetwas Virtuelles im Ausland", sagt Büchele. Die Polizei kann nur warnen: Keinem Fremden Zugriff auf den PC erlauben, keine Kreditkartendaten herausgeben. Falls doch ein Unbekannter am Rechner war, den PC von einem Spezialisten "säubern" lassen. Denn die Gauner installieren auch Viren, um ihre Opfer auszuspähen.

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