Karneval:"Wir haben alles, nur nix Normales"

Faschingsverkleidungen muss man nicht für teures Geld kaufen, man findet eine große Auswahl in Second-Hand-Läden, Kostümverleihen und Tauschbörsen. Ob Sträfling, Kini oder Bernhardiner - die Preise reichen von fünf bis mehrere tausend Euro

Von Julia Haas

Die berühmte Faschingskiste im Keller oder auf dem Speicher: Einmal getragene Billigkostüme vermischen sich mit selbst genähten Hexenröcken, einem bereits mehrere Generationen überdauernden Prinzessinnenkleid, einzelnen Pippi-Strümpfen, Sheriffsternen und einer Pilotenbrille.

Wie ein Blick in die Faschingskiste fühlt sich auch ein Besuch beim Second-Hand-Laden Vinty's nahe der Hackerbrücke an - nur ist es dort natürlich ordentlicher und viel größer. Sieben Kleiderstangen warten auf die Kostümkäufer, dazu verschiedene Körbe mit Accessoires. Kommenden Samstag ist Faschingsmarkt, dann stellt das Geschäft seine ganze Ladenfläche voll, ganze 200 Quadratmeter. Vinty's ist eine Initiative der Aktion Hoffnung. Der Erlös der verkauften Gewänder geht an Entwicklungsprojekte.

Bisher laufe die Faschingssaison gut bei Vinty's, erzählt Maren Romaike. Die gelernte Altenpflegerin arbeitet seit Oktober als Verkäuferin in dem Second-Hand-Laden. In der Zeit sei ihr bewusst geworden, wie unfassbar viel Kleidung jedes Jahr konsumiert werde. Kostüme werden oft nur einmal getragen und liegen dann im Schrank. Aber wer weiß, vielleicht verliebt sich ja hier doch noch ein Kunde in das Teil? Bei den Preisen wäre es jedenfalls kein Wunder. Die meisten Verkleidungen gibt es bei Vinty's zwischen fünf und zehn Euro. Wie in der Faschingskiste zu Hause sind hier fertig gekaufte Kostüme genauso zu finden wie liebevoll genähte Einzelstücke.

Karneval: Bei Waltraud Breuer kann man sich zum Affen machen oder auch zum Hasen.

Bei Waltraud Breuer kann man sich zum Affen machen oder auch zum Hasen.

(Foto: Robert Haas)

Ein Frack für den Wiener Opernball,ein rotes Abendkleid für den Empfang, sogar Brautkleider - Kostüme Breuer hat alles, auch Faschingskostüme. Inhaberin Waltraud Breuer spezifiziert das: "Wir haben alles, nur nix Normales", sagt sie und lacht. Hinein in den Laden, vorbei an Anzügen und Lederhosen, eine schmale Treppe hinab, steht Breuer im Keller ihres Ladens: 250 Quadratmeter Fundus.

Wo im Herbst Lederhosen und Dirndl hängen, ist jetzt alles gerammelt voll mit Kostümen, bis in die letzte Ecke. Vorne links, erste Reihe: Nationalitäten. Gewänder für Mexikaner, Glitzerkleider für Haremsdamen, japanische Kimonos und ihr ganzer Stolz, eine Kiste Saris, die sie aus einem Urlaub in Indien mitgebracht hat. Nächste Reihe: Jahrhunderte, Biedermeier, Empire, Mittelalter, Rokoko. Breuer zieht ein besonders aufwendig besticktes blaues Kleid mit originalgetreuem Stäbchenmieder heraus. Leihpreis: 190 Euro. Kaufpreis: 3000 Euro.

Drei Viertel der Kostüme haben Breuer und ihre Mitarbeiter selbst geschneidert, den Rest kauft sie an oder bringt ihn aus Urlauben mit. Die meisten Leute, die beim Kostümverleih nach Faschingsgewändern schauen, leihen. Bei etwa 20 Euro geht es da los, für drei Tage. Nach dem Ausleihen lässt Breuer jedes Teil waschen und reinigen. "Ein paar Kundinnen kaufen das Kleid danach aber auch - wenn es ein außerordentlich schöner Ball war oder sie dort ihren Traummann kennengelernt haben", sagt Breuer. Das komme gar nicht so selten vor.

Karneval: Beim Second-Hand-Laden Vinty's geht der Erlös der verkauften Gewänder an Entwicklungsprojekte.

Beim Second-Hand-Laden Vinty's geht der Erlös der verkauften Gewänder an Entwicklungsprojekte.

(Foto: Robert Haas)

Wer ein besonderes Kostüm sucht oder ein spezielles Motto erfüllen muss, ist hier richtig. Es gibt kein Thema, zu das der Inhaberin kein passendes Kostüm einfällt. Für Hüttengaudi hätte sie da hinten zum Beispiel auch ein Bernhardiner Kostüm. Wegschmeißen muss der Kostümverleih übrigens fast nie etwas. Ballkleider, die nicht mehr in Mode sind, werden zu Verkleidungen umgenäht. Alte Kostüme, die langsam die besten Zeiten hinter sich haben, wandern in die Vampir-Abteilung. Das teuerste Kostüm, das man bei Breuer kaufen kann, ist ein komplettes König-Ludwig-Outfit für 6000 Euro, inklusive echter Degen und Kini-Overknees.

Wo früher ein Schlecker war, hat in Laim vor ein paar Wochen eine neue Feiermeier-Filiale eröffnet. Ein Laden mit dazugehörigem Online-Shop für Kostüme, Ballons, Partyhüte und allem, was man sonst noch so zum Feiern braucht. Größter Konkurrent ist neben dem Kaufhof als Kostümklassiker auf jeden Fall das Internet. "Viele Kunden lassen sich hier eine Dreiviertelstunde beraten und zücken dann beim Hinausgehen schon ihr Handy und bestellen was auf Amazon", erzählt Verkäuferin Philomena Jenari. 90 Prozent der Kunden gingen aber mit einem Einkauf raus - und wenn es nur Accessoires sind.

Karneval: In dem Kostümverleih gibt es auch aufwendigere Verkleidungen.

In dem Kostümverleih gibt es auch aufwendigere Verkleidungen.

(Foto: Robert Haas)

"Der Renner bei Männern ist und bleibt eine pinkfarbene Kurzhaarperücke", sagt Jenari. Ansonsten kaufen viele Kunden die Klassiker: Sträfling, Nonne, Mönch. Etwas zum schnellen Drüberwerfen und warm. Auch Teufel, Pirat, Cowgirl und Indianer kommen nicht aus der Mode. Nur wenn einer nach Köln fährt, müsse es auf einmal besonders flippig, bunt und verrückt sein, sagt die frühere Barfrau. Jenari gibt sich Mühe, für jeden Kunden etwas zu finden. Man müsse ja kein fertig verpacktes Kostüm kaufen, sondern könne auch herumprobieren, bis man etwas findet.

Die Kleinen werden ja so schnell groß, denkt man sich beim Blick in die Online-Tauschbörsen von Ebay oder Facebook. Was letztes Jahr noch gepasst hat, ist dieses Jahr zu klein. Ein Tiger, ein Spongebob, eine kleine Fee, ein Iron Man, von Größe 98 bis 152. Eltern können die Gewänder ihrer Kinder hier zu moderaten Preisen tauschen. Hat der Sohn der einen Familie die Schwärmerei für Spiderman gerade hinter sich, rutscht vielleicht der Sohn der anderen hinein. Kostüme von Kindern zu tauschen, ist eine gute Idee. Rotwein-Flecken sind eher ebenfalls selten, auch wenn sich der Ketchup-Fleck nicht unbedingt besser rauswaschen lässt. Außerdem entstehen auf diese Weise vielleicht ganz neue Freundschaften, wenn man eine Straße weiter oder ins benachbarte Stadtviertel fährt, um das sehnlich gewünschte Prinzessin-Elsa-Kleid abzuholen.

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