Kandidaten für die Bundestagswahl:Alles auf Anfang

Lesezeit: 3 min

Die CSU schickt in München drei neu aufgestellte Männer ins Rennen - spannend wird es vor allem im Norden

Von Dominik Hutter

Wer zumindest ein bisschen Kontinuität erwartet hatte, der wurde im Juli vergangenen Jahres eines Besseren belehrt. Da kündigte Bundestagsvizepräsident Johannes Singhammer (CSU) auch für die eigenen Parteifreunde überraschend an, auf eine erneute Kandidatur für den Bundestag verzichten zu wollen. Der Familie wegen, für die künftig mehr Zeit bleiben soll. Damit ist klar: Egal, wie die Parlamentswahl 2017 ausgeht - in München bleibt bundespolitisch kein Stein auf dem anderen.

Drei der vier Direktkandidaten, die allesamt von der CSU gestellt werden, hören auf: neben Singhammer die beiden früheren Kreisverwaltungsreferenten Hans-Peter Uhl und Peter Gauweiler. Letzterer hat sein Mandat bereits zurückgegeben, der Wahlkreis im Münchner Süden ist seitdem verwaist. Lediglich der Newcomer von 2013, der 31-jährige Wolfgang Stefinger, will weitermachen.

Bei so viel Stühlerücken wittert einer Morgenluft, der ebenfalls erst vier Jahre im Berliner Parlament sitzt: der SPD-Mann Florian Post, der 2013 gegen den Platzhirschen Singhammer keine Chance im Münchner Norden hatte. Nun hofft er, die einstige rote Insel im schwarzen Meer zurückerobern zu können. Der Wahlkreis München-Nord, der von der Maxvorstadt und Schwabing bis zum Hasenbergl und nach Feldmoching reicht, dürfte auch im Herbst 2017 wieder der spannendste der Stadt sein. Hier kämpfte Johannes Singhammer jahrelang so wacker wie hartnäckig, bis er dem charismatischen SPD-Politiker Axel Berg das Direktmandat entreißen konnte. Berg hatte drei Mal hintereinander die Nase vorn gehabt - 1998, 2002 und 2005.

Die Münchner SPD sägte ihren Star trotzdem ab und ersetzte ihn 2013 durch den jungen Florian Post. Der frohlockt nun, weil sein CSU-Konkurrent für 2017 in der Öffentlichkeit nahezu unbekannt ist. Bernhard Loos? Post hofft auf ein leichtes Spiel. Dass diese Hoffnung sich erfüllt, ist mehr als ungewiss. Denn auch Post zählt nicht gerade zu den bekanntesten Politikern der Stadt - und seine große Stärke im Wahlkampf ist dieselbe, die auch sein Konkurrent vorweisen kann: die Verwurzelung in der Parteibasis, ohne die es an der Front der Infostände und Wahlplakate ziemlich mau aussehen würde. Loos gilt in seiner Partei als beliebt, er ist Unternehmer, in der Mittelstands-Union aktiv und hat schon in den Achtzigerjahren Wahlkämpfe für die CSU bestritten.

Ob Loos auch ohne Direktmandat in den Bundestag kommen würde, ist noch unklar - die CSU hat ihre Liste noch nicht aufgestellt. Post hat sich absichern lassen: Mit Platz neun auf der SPD-Landesliste kann er aller Voraussicht nach sein Berliner Büro behalten. Anders sieht es bei Doris Wagner aus, die 2013 über die Grünen-Liste in den Bundestag kam und dieses Jahr erneut im Norden kandidiert: Sie hat es nur auf Listenplatz 13 geschafft - da müssten die Grünen noch ordentlich zulegen, um so viele Bayern nach Berlin schicken zu dürfen. Ebenfalls im Norden kandidieren der ÖDP-Stadtrat Tobias Ruff sowie der bayerische Landesvorsitzende der AfD, Petr Bystron.

In den anderen drei Münchner Wahlkreisen gelten die Chancen der SPD auf ein Direktmandat als deutlich schlechter. Dafür hat der CSU-Mann Stefinger, der sich durch eine nüchtern-zupackende Art auszeichnet, im Münchner Osten zwei prominente Gegenkandidatinnen: Münchens SPD-Chefin Claudia Tausend und die Grünen-Fraktionsvorsitzende im bayerischen Landtag, Margarete Bause. Tausend ist relativ komfortabel über die Liste abgesichert (Platz zwölf). Die langjährige Landespolitikerin Bause hingegen wurde von ihrer Partei wenig ruhmhaft auf den Wackelplatz neun verbannt. Das kann gut gehen, muss es aber nicht. Für die seit 2013 amtierende Bundestagsabgeordnete Tausend ist die Kandidatur Bauses keine gute Nachricht. Gerade in Innenstadtquartieren wie der Au und Haidhausen könnten sich die beiden Frauen gegenseitig das Wasser abgraben. 2013 hätte es allerdings nicht einmal für ein Direktmandat im Osten gereicht, wenn man die Erststimmen von SPD und Grünen zusammengezählt hätte.

Das gilt, allerdings knapp, auch im Münchner Westen, wo der Grüne Dieter Janecek der einzige Kandidat mit Bundestagserfahrung ist. Janecek, mit Listenplatz sechs ein aussichtsreicher Bundestagskandidat, erzielte hier das stadtweit beste Erststimmen-Ergebnis für die Grünen. Dass er der CSU gefährlich wird, ist dennoch nicht zu erwarten. Die Konservativen schicken als Nachfolger Uhls den jungen Arzt Stephan Pilsinger ins Rennen. Auch die SPD setzt auf ein neues Gesicht: Roland Fischer, Vizechef der Münchner SPD, tritt nicht mehr an. Die Genossen nominierten den Kommunikationswissenschaftler Bernhard Goodwin, den Pressesprecher des Unterbezirks.

Neue Köpfe werden auch auf den meisten Plakaten im Münchner Süden auftauchen: Statt des polarisierenden Querdenkers Gauweiler bewirbt sich der für scharfzüngige Kommentare bekannte CSU-Stadtrat Michael Kuffer um das Mandat. Sein SPD-Gegenspieler ist Sebastian Roloff, der mit Listenplatz 35 allenfalls eine Außenseiterchance hat (aktuell hat die Landesgruppe 22 Mitglieder). Die Grünen schicken, ebenfalls als Außenseiter, Peter Heilrath ins Rennen. Am bekanntesten dürfte im Münchner Süden noch die Kandidatin der Linken sein: Nicole Gohlke ist bereits seit 2009 Bundestagsabgeordnete und aktuell die hochschulpolitische Sprecherin ihrer Fraktion.

© SZ vom 09.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: