Kampf gegen Rechtsextremismus:München wehrt sich

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Die Bezirksausschüsse rufen die Münchner zu einer Demonstration gegen Rechtsextreme auf. (Foto: Stephan Rumpf)

Die Stadt will die Aktivitäten rechtsextremer und islamfeindlicher Gruppen schärfer bekämpfen. In den Bezirksausschüssen sollen Beauftragte gegen Rechtsextremismus installiert werden. Und zwei breite Bündnisse rufen zu Demonstrationen auf - kurz vor Beginn des NSU-Prozesses.

Von Bernd Kastner

Um sich gegen die zunehmenden Aktivitäten rechter Gruppen besser zu wehren, knüpfen Politik und Gesellschaft ein engeres Netz gegen neonazistische und islamfeindliche Umtriebe. Demnächst werden wohl zahlreiche Bezirksausschüsse offiziell Beauftragte gegen Rechtsextremismus installieren. Sie sollen die gesellschaftlichen Aktivitäten gegen Rechts in den Stadtvierteln fördern und koordinieren. Zudem planen, kurz vor Beginn des NSU-Prozesses am 17. April, breite Bündnisse zwei große Demonstrationen gegen Rassismus und Rechtsextremismus.

Drei Wahlen stehen bevor, und kaum ein Wochenende vergeht, an dem Rechte nicht mit Kundgebungen oder Infoständen auf der Straße präsent sind. Immer öfter sind Gruppen wie die im Stadtrat vertretene "Bürgerinitiative Ausländerstopp" (BIA) oder Islam-Hasser in den Stadtteilen aktiv; zuletzt haben Neonazis zudem versucht, mit kurzfristigen Anmeldungen ihrer Versammlungen den Bürgerprotest zu erschweren. Allein für kommenden Samstag haben drei Organisationen Versammlungen angemeldet. Zwei von ihnen, "Die Freiheit" und "Pro Deutschland", schüren Ressentiments gegen Muslime.

Auf Vorschlag von Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) haben demnächst die 25 Bezirksausschüsse (BA) die Möglichkeit, "Beauftragte gegen Rechtsextremismus" zu benennen. Sie sollen Bindeglied sein zwischen Verwaltung, Politik, Bürgern, Schulen und Initiativen, die Aktivitäten der Rechten in den Vierteln beobachten und notfalls schnell Protest organisieren. Mit der Verankerung ehrenamtlicher Beauftragten in der BA-Satzung, die der Stadtrat im Mai beschließen will, ist ein umfassender Rechtsschutz verbunden.

Damit will die Stadt einer gewissen Verunsicherung bei vielen Lokalpolitikern begegnen. Ernst Dill (SPD), der im Sendlinger BA schon lange informell als eine Art Anti-Nazi-Beauftragter fungiert, berichtet von Ängsten bei vielen BA-Kollegen in der ganzen Stadt. Die einen fürchteten, in juristische Auseinandersetzungen mit Rechten verwickelt zu werden, andere sorgten sich vor sogenannten Hassmails vom rechten Rand oder gar tätlichen Übergriffen. Micky Wenngatz, für die SPD im Bezirksausschuss 19 (Thalkirchen, Obersendling, Forstenried, Fürstenried, Solln), will dem zu erwartenden Druck von rechts nicht nachgeben und für den Beauftragten-Posten kandidieren: "Irgendjemand muss aufstehen und den Mund aufmachen."

Mit einem "Aufruf zum Aufstehen" wenden sich die Bezirksausschüsse direkt an die Bürger: "Wir haben genug vom Rechtsextremismus in München und in Deutschland", heißt es. Die Morde des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) müssten "die Augen öffnen für die vielfältigen Formen der Diskriminierung, der Verachtung und der Ausgrenzung anderer Menschen". Die Lokalpolitiker rufen zu einer Kundgebung "gegen Rassismus und Menschenfeindlichkeit" am Samstag, 23. März auf dem Marienplatz auf. Sie ist Teil der bundesweiten Aktion "Wir stehen auf!" und wird in München vom Verein "München ist bunt" koordiniert. Zu den Unterstützern gehören neben diversen Organisationen auch Unternehmen wie Skoda, Facebook und Google als Sponsoren. Vor Beginn des NSU-Prozesses findet am Samstag, 13. April, eine Demonstration "gegen Naziterror, staatlichen und alltäglichen Rassismus" statt. Die Veranstalter - das Bündnis reicht von Gewerkschaften über die Grünen bis zu Antifaschisten - erwarten etwa 5000 Teilnehmer aus ganz Deutschland.

Dauerhaft gestärkt werden soll die Arbeit gegen Neonazis und Islam-Feinde mit einem erweiterten Informationsangebot zu rechten Umtrieben, das von April an einer Fachöffentlichkeit zugänglich ist: Die Fachinformationsstelle Rechtsextremismus, die beim Feierwerk angesiedelt ist und von der Stadt finanziert wird, bietet mit einer umfangreichen Präsenzbibliothek und Materialsammlung neue Recherchemöglichkeiten. Die Bücher und Unterlagen werden von Aida, dem Antifaschistischen Informations- und Dokumentationsarchiv, kostenlos überlassen; das Angebot richtet sich vor allem an politisch Aktive, Journalisten und Wissenschaftler.

© SZ vom 14.03.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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