Kampf gegen Drogenszene:Subjektive Sicherheit

Die Polizei in München, der Hochburg der Modedrogen, hat die Heroin-Süchtigen weitgehend von den Straßen verjagt. Jetzt "fallen sie nicht mehr so auf".

Susi Wimmer

Seit die Polizei im Frühjahr 2007 auf dem Orleansplatz in Haidhausen ihre Überwachungskameras in Betrieb genommen hat, ist die Drogenszene nahezu aus dem Stadtbild verschwunden. "Die Anzahl der Abhängigen ist aber sicher nicht weniger geworden", sagt der Erste Polizeihauptkommissar Hubert Halemba, "sie fallen halt einfach nicht mehr so auf." Gut 2500 Süchtige, so schätzt Halemba, setzen sich in München regelmäßig Heroinspritzen.

Die Szene ist etwas kleiner als in anderen Großstädten, München ist eher eine Hochburg der Modedrogen. Halemba, Leiter des Drogendezernats, stuft die Erfolge beim Kampf gegen Heroin in München als "relativ befriedigend" ein. Die Hälfte der etwa 5000 Abhängigen ist in Substitutionsprogrammen untergebracht, hauptsächlich bekommen sie Methadon.

"Da eine medizinische Grundversorgung der Patienten besteht, haben die auch nicht den Druck, Stoff zu beschaffen", meint Halemba. Zwar wurden im letzten Jahr etwa 5500 Drogendelikte in der Landeshauptstadt registriert, jedoch spielt Hasch mit 78 Prozent im Vergleich zu Heroin (6,3 Prozent) die Hauptrolle.

Tod auf Raten

Neben den Hilfsangeboten dürften auch die Polizeimaßnahmen dafür verantwortlich sein, dass sich die Heroinszene eher in Privaträume verlagert hat. So genannte "Frontdeals", offene Drogengeschäfte auf der Straße, gab es früher an der Münchner Freiheit, im Bahnhofsviertel und am Orleansplatz. Diese Treffs hat die Polizei unter anderem durch Video-Überwachungen und anschließende Zugriffe zerschlagen. Die Szene aus Haidhausen allerdings ist in Teilen an den unübersichtlichen Sendlinger-Tor-Platz abgewandert.

"Für die subjektive Sicherheit", meint Halemba, sei es besser, wenn die Szene nicht mehr sichtbar sei, "für die Polizei wird es aber schwieriger, die Dealer zu finden." Albaner, Iraker, Türken und Deutsche organisieren in München den Heroinhandel. Der Stoff komme meist aus der Türkei, so Halemba: "Viele fahren aber auch nach Holland, kaufen ein und transportieren die Ware im Körper über die Grenze."

43 Drogentote zählte die Polizei 2006. Die Jüngste war 22. Mit 15 rauchte sie Cannabis, mit 17 stieg sie auf harte Drogen um. Anfangs wird das Heroin auf Folie geraucht. Das heißt, die Süchtigen legen sich eine "Linie" auf Folie, erhitzen sie und atmen den Dampf mit einem Röhrchen ein. Später spritzen sie sich das Gift. Nach etwa drei Spritzen beginnt die körperliche Abgängigkeit - und für viele der Tod auf Raten. "Die Leute sterben nicht am goldenen Schuss", sagt Halemba. Sondern daran, dass der Körper nach Jahren mit Alkohol, Tabletten und harten Drogen so vergiftet ist, dass der Organismus versagt.

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