Kampf für bessere Luft:Dieter Reiter unzufrieden mit Dieselgipfel

Auch München kommt bei der Luftreinhaltung nur langsam voran

Von Andreas Schubert

Beim Dieselgipfel in Berlin ging es vornehmlich darum, Fahrverbote zu vermeiden. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) ist nach dem Treffen aber skeptisch, ob die Stadt ohne Verbote auskommt. Ein vom Bund präsentiertes Eckpunktepapier, das ein eine Milliarde Euro umfassendes Sofortprogramm vorsieht, greift nach Auffassung des OB zu langsam. Sofortmaßnahmen wie effizientere Ampelschaltungen oder die Elektrifizierung von Fahrzeugflotten könnten zwar langfristig wirken und die Luftbelastung verringern. "Kurzfristig werden diese Maßnahmen jedoch keinen wirkungsvollen Beitrag zur Verbesserung der Luftqualität leisten können", sagt Reiter.

Es sei bereits wertvolle Zeit verstrichen und es fehle etwa weiter die Möglichkeit, mit einer "blauen Plakette" bei Bedarf gezielt Fahrzeuge auszuschließen, die maßgeblich für die hohe Stickoxidbelastung verantwortlich seien. Ebenso vermisse er eine verbindliche Zusage der Autoindustrie, betroffene Fahrzeuge wirkungsvoll, zügig und für die Verbraucher kostenneutral umzurüsten. "Wenn es nicht gelingt, diese Maßnahmen schnell auf den Weg zu bringen, steuern wir unweigerlich auf von Gerichten veranlasste Fahrverbote zu." Reiter sieht den Freistaat in der Pflicht, der bis Jahresende ein wirksames Konzept zur Luftreinhaltung vorlegen muss.

Aber auch die Stadt München bemüht sich um die Abkehr vom Abgas und versucht, den motorisierten Individualverkehr einzudämmen. Doch dies geschieht ebenfalls langsam. So wird die Stadt die bereits im Juli beschlossenen, jährlich 200 000 Euro teuren 20 Messstationen für Stickoxide erst im Januar 2018 im Stadtgebiet verteilen. Damit sollen genauere Erkenntnisse über die Schadstoffbelastung gewonnen werden. Dabei stehen nach Auskunft des städtischen Umweltreferats noch nicht einmal die Standorte für die Stationen fest. Noch immer wird an nur fünf fest installierten Stationen des bayerischen Landesamtes für Umwelt gemessen, und die restliche Belastung wird hochgerechnet. Die konkrete Belastung in den Straßen bleibt nach wie vor im Unklaren.

Ebenso schleppend geht nach Ansicht einiger Stadtteilpolitiker der Ausbau des Radwegenetzes voran. Nächste Woche beschäftigt sich der Planungsausschuss mit dem bereits 2009 gefassten Grundsatzbeschluss zur Förderung des Radverkehrs. Hier drängen einzelne Bezirksausschüsse auf konkrete Maßnahmen. Bessere und sichere Radwege sollen unter anderem durch die "Nahverkehrspauschale" von zehn Millionen Euro jährlich finanziert werden. Die Pauschale sei zu knapp kalkuliert, finden etwa die Bogenhausener und fordern, sie 2018 auf 20 Millionen Euro zu erhöhen, dann auf 30 Millionen.

Schnell solle das alles gehen. Und für einige Bezirksausschüsse kommt aus dem Rathaus nicht recht viel mehr als Absichtserklärungen. Eine solche hat nun auch Umweltreferentin Stephanie Jacobs als Reaktion auf den Dieselgipfel abgegeben. Man wolle einen "Masterplan" aufstellen, teilt Jacobs mit, und die vom Bund in Aussicht gestellten Fördermittel gezielt nutzen, um die Münchner Situation zu verbessern. Auch sie vermisse eine Plakettenlösung, so Jacobs. Die in Berlin getroffene Vereinbarung sei "zwar kein starker Rückenwind, aber doch eine erfreuliche Brise für alle betroffenen Kommunen in Deutschland".

Immerhin will die Stadt bei der Elektrifizierung mit gutem Beispiel vorangehen. Die städtische Fahrzeugflotte soll binnen drei Jahren weitgehend auf Elektroantrieb umgestellt werden; dieses und die nächsten beiden Jahre stellen die Stadtwerke jeweils 150 neue öffentliche Ladesäulen auf. Die Münchner Verkehrsgesellschaft (MVG) bleibt noch länger auf Diesel angewiesen. Zwar hat sie an diesem Dienstag ihren ersten E-Bus auf der Linie 100 in Betrieb genommen, und will 2019 eine E-Bus-Linie anbieten. Doch die Technik sei noch nicht weit genug, um auch die 18 Meter langen Gelenkbusse abgasfrei zu betreiben. Der jüngste Test habe gezeigt, dass die Reichweite noch nicht ausreicht.

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