Kämmerer:Stadt zahlt seit Monaten Strafzinsen an eigene Bank

Zentrale der Münchner Stadtsparkasse, 2008

Blick ins Foyer der Hauptgeschäftsstelle der Stadtsparkasse München (Archivbild).

(Foto: SZ Photo/Alessandra Schellnegger)
  • Ab 1. April zahlen Geschäftskunden Gebühren für ihre Guthaben bei der Stadtsparkasse München.
  • Die Stadt selbst trifft das seit Monaten - obwohl sie Träger des Kreditinstituts ist. 1,5 Millionen Euro sind dieses Jahr nur für Strafzinsen bei der Sparkasse und weiteren Banken eingeplant.
  • Der Hintergrund: Die Stadtsparkasse muss selbst Strafzinsen an die Europäische Zentralbank zahlen und gibt die Belastung weiter. Bald könnte das auch Privatkunden treffen.

Von Pia Ratzesberger

Am 1. April dieses Jahres wird sich vielleicht mancher Münchner wünschen, dass doch noch jemand anruft und sagt: War nur Spaß. Ausgerechnet vom 1. April an verlangt die Stadtsparkasse München Geld für dort angelegtes Geld, zumindest von Firmen und Institutionen. Jeder mit mehr als 250 000 Euro auf dem Konto wird zahlen müssen - und mancher tut es in aller Stille schon jetzt.

Ausgerechnet die Stadt München, der Träger des Kreditinstituts, wird bereits seit vielen Monaten zur Kasse gebeten. "Wir zahlen schon längst", sagt Kämmerer Ernst Wolowicz, der auch Mitglied des von Oberbürgermeister Dieter Reiter geleiteten Verwaltungsrats der Stadtsparkasse ist.

Bereits vor der Änderung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum April habe man sich mit "vereinzelten Großkunden" um Lösungen bemüht, heißt es bei der Stadtsparkasse auf Nachfrage. Zu konkreten Kunden könne man sich nicht äußern. Die Kämmerei aber gibt an, dass die Stadt schon seit August vergangenen Jahres für ihre kurzfristigen Einlagen bei der Stadtsparkasse zahle, also für das Geld, das sie jederzeit vom Konto nehmen kann. 73 000 Euro habe das im vergangenen Jahr gekostet, allein bei der Stadtsparkasse; die Stadt hat ihr Vermögen auf diverse Kreditinstitute verteilt.

In diesem Jahr rechnet Wolowicz mit einer entsprechend höheren Summe, dann für zwölf Monate. Zusätzlich müsse man bei anderen Banken zahlen. Etwa 1,5 Millionen Euro hat die Kämmerei für den Haushalt des laufenden Jahres eingeplant, für alle Strafzinsen bei allen Banken. Letztere hören das Wort Strafzins natürlich nur ungern, dieses Wort vermittle ein falsches Bild, sagte Ralf Fleischer erst neulich wieder, Vorstandsvorsitzender der Stadtsparkasse.

Nicht nur die Landeshauptstadt trifft das

Die Europäische Zentralbank (EZB) bestimme die Politik, sie erlege den Banken die negativen Zinsen auf, immerhin habe man die nicht an die Privatkunden weitergegeben, man strafe also niemanden. Das aber wird sich ändern, sobald die erste Großbank auch die Privatleute belangt. Dann wird die Stadtsparkasse nachziehen, ganz gleich, ob sie das Negativzinsen oder Strafzinsen nennen wird. Im Gegensatz zu vielen Münchnern, die um ihr Geld bangen, sieht der Kämmerer die Sache mit den Strafzinsen allerdings recht entspannt: "So unangenehm das ist, bei einem Gesamthaushalt von sieben Milliarden Euro ist die Summe marginal", sagt Wolowicz. Andererseits: 1,5 Millionen Euro, das ist etwa ein Euro für jeden Münchner.

Die Landeshauptstadt zahle stets den Referenzzinssatz der EZB, der liegt momentan bei 0,4 Prozent. So viel verlangt die Zentralbank von den Banken, wenn die über Nacht ihr überschüssiges Geld bei ihr deponieren; die EZB will erreichen, dass die Banken mehr Geld verleihen, die Firmen investieren, die Wirtschaft erstarkt. Gleichzeitig aber erschwert sie den Banken ihr klassisches Geschäft, sie verdienen eigentlich am Unterschied zwischen den Zinsen, den sie für Kredite verlangen und den Zinsen, die sie Sparern zahlen. Gerade für regionale Banken sind diese Einnahmen manchmal die bedeutendsten. Also geben sie die negativen Zinsen weiter.

Nicht nur die Landeshauptstadt trifft das. Auch Starnberg zum Beispiel hätte von Beginn des Jahres an bei der örtlichen Kreissparkasse ein sogenanntes Verwahrentgelt begleichen müssen. Bürgermeisterin Eva John aber zog das Geld ab, brachte es zu Banken, die noch gratis verwahren. "Wir haben nichts zu verschenken", sagte sie damals. In München dagegen plant man nicht, die Gelder umzuschichten, die Negativzinsen werde bald ohnehin jeder verlangen. Auch wenn "wir überall schauen, was wir tun können", sagt Wolowicz.

In einigen Monaten wird die Stadtsparkasse bekanntgeben, wie viel von ihrem Gewinn sie an die Stadt ausschütten wird - so wie sie es jedes Jahr tut. Im vergangenen Jahr waren das etwa drei Millionen. Zweimal 1,5 Millionen.

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