Judas Priest in München:Der Metal-Gott feiert Abschied

"Breaking the Law!" Seit mehr als 40 Jahren machen "Judas Priest" Musik, Rob Halford gilt als einer der exzentrischsten Sänger der Metal-Szene. Doch nun soll für immer Schluss sein: Beim Abschiedskonzert in München bringt dies langhaarige Männer in Lederkluft aus der Fassung.

Lisa Sonnabend

Sänger Rob Halford verbeugt sich nicht nach dem Lied, sondern er starrt. Die Augen weit aufgerissen. In die Menge. Der dunkle, glitzernde Mantel umhüllt seine breiten Schultern, doch er ist so weit geöffnet, dass seine zahlreichen Tattoos auf der nackten Brust zu sehen sind. Der 59-Jährige legt eine Hand auf den Nietengürtel. Er starrt immer noch. Dann geht die Pyro-Show los und Halford singt einen der größten Songs seiner Band Judas Priest: "Turbo Lover".

Judas Priest Play Brisbane

Einer der größten Metalsänger aller Zeiten: Judas Priest bei einem Auftritt 2008.

(Foto: Getty Images)

Am Montagabend hat die Heavy-Metal-Truppe aus Birmingham bei ihrem Konzert im Münchner Zenith noch einmal die lange Bandgeschichte Revue passieren lassen und Songs von allen 15 Alben gespielt. Es ist der wahrscheinlich letzte Auftritt von Judas Priest in München, denn die Musiker sind auf Abschieds-Welttournee.

Dass es ihnen ernst ist mit dem Plan, sieht man am Motto der Tour. Diese heißt "Epitaph" - wie ein Denkmal, das an Verstorbene erinnert. "Seit den Siebzigern haben wir in Deutschland gespielt", sagt Sänger Halford gegen Ende der Show. "Es war jedes Mal toll. Danke."

Seit Jahrzehnten prägen Judas Priest den Metal, vielleicht noch ein wenig mehr als Iron Maiden oder Metallica. Mehr als 50 Millionen Platten haben sie verkauft. Ihre 1980 erschienene Platte "British Steel" gilt als eines der Pionier-Werke der New Wave of British Heavy Metal.

Judas Priest haben Krach gemacht, jedoch auch abseits der Bühne für Aufsehen gesorgt. 1990 musste sich die Band vor Gericht in Nevada verantworten: Die Eltern eines Teenagers klagten, dass die satanische Musik von Judas Priest ihren Sohn dazu gebracht hätte, sich umbringen zu wollen. Die Songs der Band wurden in dem Prozess auf versteckte Botschaften untersucht. Sänger Halford musste gar dem Richter ein paar Zeilen vorsingen. Doch schließlich wurde die Band freigesprochen.

Das Konzert in München ist die einzige Tour-Station in diesen Wochen in Deutschland. Erst im August spielen Judas Priest noch einmal auf dem Wacken-Festival und in Berlin. Als Vorband in München haben sie sich die Whitesnake eingeladen, die immerhin auf 30 Jahre Bandgeschichte zurückblicken können.

Natürlich ist das Konzert ausverkauft. In den Pausen zwischen den Liedern rufen die Zuschauer "Priiiiest", das wie ein dumpfer Klangteppich durch die Halle dringt. Die Fans tragen die Tour-Shirts der vergangenen Jahrzehnte, aber auch Botschaften wie "Danke für nichts" oder "Motorradfreunde Buchdorf".

Matschiger Brei und gellende Schreie

Die Bühne ist schlicht, aber martialisch. Dicke Ketten hängen an den Podesten. Immer wieder steigen Flammen und Rauch empor, die bunten Lichter der Lasershow zucken über die Köpfe der Zuschauer. Im Bühnenhintergrund werden die Cover der Platten eingeblendet.

Der Industrie-Charme der Konzerthalle passt zur Musik, doch die Soundprobleme, die bereits so einige Konzerte im Zenith vermiest haben, sind auch bei dem Auftritt der Metal-Legende nicht zu überhören. Oft kommt der Klang nur wie ein matschiger, lauter Brei beim Publikum an. Doch die Show wirkt auch so, Halford reißt es raus. Nicht nur wegen seiner gellenden Schreie. Sein Stimmumfang ist immer noch beeindruckend.

Die Highlights des Konzert sind natürlich die bekanntesten Hits: "Turbo Lover", "Painkiller", "You've Got Another Thing Coming" oder "Hell Bent für Leather". Und wie bei einem "Best-of"-Gig üblich, werden so einige davon für den Schluss aufgehoben. Die Darbietung ihres wohl größten Hits "Breaking the Law" gleicht dann allerdings fast einer Frechheit. Halford singt gar nicht mit, sondern geht auf der Bühne auf und ab und begnügt sich damit, das Mikrophon in Richtung Publikum zu halten. Gefeiert wird trotzdem oder deswegen erst recht. Nach zweieinhalb Stunden spielen Judas Priest ihren letzten Song für München: "Living after midnight, rockin' to the dawn, Lovin' 'til the morning, then I'm gone."

Nur auf eines haben die Münchner beim letzten Konzert von Judas Priest umsonst gewartet: Halford ist nicht wie sonst mit der Harley auf die Bühne gebrummt. Aber man kann eben nicht alles haben.

Und nach dem Konzert erst recht nicht mehr. Da werden selbst hartgesottene Metal-Fans wehmütig: Ein Mann mit langen Haaren und Lederkluft wischt sich eine Träne aus dem Auge.

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