Jubilar:Heiterer Verserlschreiber

Jubilar: Sein Drang, seine Überzeugungen unters Volk zu bringen, lässt nicht nach. Am Samstag wird Helmut Zöpfl 80.

Sein Drang, seine Überzeugungen unters Volk zu bringen, lässt nicht nach. Am Samstag wird Helmut Zöpfl 80.

(Foto: Imago)

Mundartdichter Helmut Zöpfl wird am Samstag 80 Jahre alt. Seine weichen lyrischen Texte standen oft in scharfem Kontrast zum Donner seiner Worte

Von Hans Kratzer

Eines der populärsten Bücher von Helmut Zöpfl trägt den Titel "Geh weiter Zeit, bleib steh!" Fürwahr ein frommer Wunsch, denn die Zeit ist auch nach der Veröffentlichung des Bändchens anno 1970 unaufhaltsam weitergelaufen. Zumindest meisterte Zöpfl die nachfolgenden Zumutungen des Lebens so unbeschadet, dass er an diesem Samstag in gewohnter Vitalität seinen 80. Geburtstag feiern darf. Nach wie vor verkörpert er den selbstbewussten und gelehrten Universalisten, dessen Drang, sein Wissen und seine Überzeugungen via Radio, Zeitung oder Buch unters Volk zu bringen, nicht nachlässt.

Sein Engagement auf verschiedenen Gebieten der Wissenschaft, der Bildung und der Schriftstellerei bescherte ihm zahllose Auszeichnungen und Würdigungen. Und kurz vor seinem Jubelfest hat er im SüdOst Verlag gleich zwei neue Bücher vorgelegt. Eine satirisch angehauchte Streitschrift, in der er erklärt, warum sich an unseren Schulen schnellstens etwas ändern muss, und eine Gesellschaftssatire, die im Titel "Postfaktisches über einen Freistaat" verspricht - und durchaus auch ironische Seitenhiebe auf diverse Wegbegleiter. Insgesamt haben Zöpfls Bücher eine Auflage von mehr als 1,5 Millionen erreicht, das schaffen nur wenige Autoren. Dabei war nicht das Schreiben sein ursprünglicher Brotberuf, sondern vielmehr das weite Feld der Pädagogik. In Erding aufgewachsen, studierte Zöpfl die Fächer Klassische Philologie, Philosophie und katholische Theologie und promovierte 1963 in München zum Doktor der Pädagogik. Von 1971 bis zu seiner Emeritierung 2003 lehrte er als Ordinarius am Lehrstuhl für Schulpädagogik der Ludwig-Maximilians-Universität München. 2002 vollendete er zusätzlich ein naturwissenschaftliches Studium, das er mit der Promotion im Fach Biologie abschloss.

Zöpfl tanzte grundsätzlich auf vielen Hochzeiten. So hatte er eine langjährige Vertretung an der Katholischen Universität Eichstätt inne, dazu eine Gastprofessur in Salzburg, nicht zuletzt ist er Mitglied der russischen Akademie der Wissenschaften. Auch als Autor zahlreicher Rundfunk- und Fernsehsendungen wurde er bekannt. Umso mehr erstaunt es, dass der hochdekorierte Philosoph, Pädagoge und Naturwissenschaftler seine Gedichte inhaltlich gerne flach hielt. Als Literat gab sich Zöpfl zufrieden mit dem Status eines Unterhaltungsschriftstellers und heiteren Verserlschreibers, wobei ihm der Erfolg dann allerdings recht gab. Als Vortragender füllte er mit Leichtigkeit die größten Hallen, seine Bücher verkauften sich in der Hochzeit der Bavarica-Welle vor einigen Jahrzehnten wie wild. In der Autorengilde der Münchner Turmschreiber war er vom Publikumszuspruch her lange Zeit der Star. Die heile Welt, die er in seinen Versen besang, traf den Publikumsgeschmack der Siebziger- und Achtzigerjahre voll und ganz.

Nachdem Zöpfl Autorenkollegen stark kritisiert hatte und sich einer Aussprache verweigerte, war ein gedeihliches Auskommen mit den Turmschreibern nicht mehr möglich. Man trennte sich. Als Autor bewies Zöpfl aber auch solo Geschäftstüchtigkeit, wobei er, wenn ihm etwas nicht gefiel, stets kräftig austeilte. Seine weichen lyrischen Texte standen dabei in scharfem Kontrast zum Donner seiner Worte. Da seine Dichtungen nach Meinung von Kritikern zu sehr ins Seichte lappten, bot Zöpfl immer auch Reibungsflächen, weshalb ihm die Biermösl Blosn auf ihrer Platte "Tschüss Bayernland" quasi als Antwort der alternativen Mundartszene ein oft zitiertes Lied mit dem Titel "Professor Zipfl liest" widmete. Zöpfl wird es als Autor vieler wissenschaftlicher Arbeiten leidlich verschmerzt haben.

In pädagogischen und gesellschaftlichen Fragen holen die Medien Zöpfls Expertise immer noch gerne ein. Vor allem die Bildungspolitik treibt ihn um. Kinder, so klagt er, dürften keine Kinder mehr sein, sie spürten die Realität nicht mehr, auch wegen der alles umwälzenden neuen Medien und des Internets. "Es macht mir echt Sorgen, dass die Kinder das Leben mehr vor einem technischen Gerät erleben, als in die Natur zu gehen, Fußball zu spielen, auf Bäume zu klettern", lautet eine typische Zöpfl-Mahnung. In seinem Gedicht "As Leben" reimte er einst: "De Notn aber kriagn ma dann erst meistens, wenn ma nimmer san." Für Zöpfl selbst trifft das gewiss nicht zu. An seinem 80. Geburtstag darf er zufrieden auf die üppige Benotung seines Lebenswerks schauen.

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