Jubiläum:Die Eislaufboxmusikhalle

Das Eisstadion stand schon auf dem Oberwiesenfeld, als von den Olympiabauten noch nichts zu sehen war. Nun wird es 50 Jahre alt - es könnte sein letzter runder Geburtstag sein

Von Wolfgang Görl

Eishockeyspieler gelten ja eher als raue Gesellen, weshalb die Vermutung nahe liegt, in ihrer Kabine sähe es aus wie in einem Jugendheim nach einer wilden Fete. Aber so ist es nicht. Der Umkleideraum des deutschen Eishockeymeisters EHC Red Bull München in den Katakomben des Olympia-Eisstadions ist ein Muster an Ordnung. Über jedem Abteil der blau gepinselten Regale steht ein Spielername, ganz oben liegen die Schlittschuhe, darunter Helm und Handschuhe, und im untersten Fach lagert perfekt gestapelt die Schutzkleidung.

Dass in diesen Kellerräumen harte Männer ihr Wesen treiben, erkennt man nur an einer Eisentür in Nachbarschaft der spartanisch ausgestatten Gästekabine. Die Tür ist übersät mit Dellen, welche frustrierte Spieler mit ihrem Schläger ins Metall gehauen haben. Irgendwo muss man sich ja abreagieren nach einer Schlappe.

Genau 50 Jahre ist es her, dass das Eisstadion auf dem Oberwiesenfeld eröffnet wurde. Am 12. Februar 1967 kämpften zur Einweihung das Eishockeyteam des FC Bayern, das damals in der Oberliga spielten, und die Bundesliga-Cracks des SC Riessersee um den Puck, danach wirbelten die besten deutschen Eiskunstläufer über das Kunsteis der neuen Halle. Architekt der Eissportanlage, die damals zu den modernsten ihrer Art zählte, war Rolf Schütze, ein Spezialist für Eisstadien.

Den Bau der überdachten Arena hatte der Stadtrat im Juli 1965 beschlossen, also zu einer Zeit, als noch nicht absehbar war, dass München den Zuschlag für die Olympischen Sommerspiele 1972 erhalten würde. So ist das Eisstadion die älteste Sportstätte auf dem Oberwiesenfeld, die olympischen Arenen gesellten sich erst später hinzu.

Die Spiele brachten es mit sich, dass auch das Eisstadion zu olympischen Ehren kam - nicht als Eishockeyarena, versteht sich, sondern als Austragungsort der Boxwettkämpfe um Gold, Silber und Bronze. Hier machte der legendäre kubanische Schwergewichtler Teofilo Stevenson alle seine Gegner platt, und hier gewann auch der deutsche Dieter Kottysch seine viel umjubelte Goldmedaille im Halbmittelgewicht. Drei Jahre zuvor, im April 1969, war die Eishalle Schauplatz der Tischtennis-Weltmeisterschaft. Der Star der deutschen Mannschaft war der Defensivkünstler Eberhard Schöler, der bis ins Finale kam und dort gegen den Japaner Shigeo Itoh knapp verlor.

Neben kulturellen Veranstaltungen wie dem zweitägigen Europop-Musikfestival, bei dem im Juli 1970 unter anderem Black Sabbath, Deep Purple, Taste, Amon Düül II und Status Quo rockten, wurde in der Sporthalle tatsächlich Eishockey gespielt. Die Namen der Klubs zeugen von der bewegten, nicht immer glücklichen Münchner Eishockeygeschichte: Mal liefen die heimischen Puckjäger unter dem Namen Maddogs auf, mal hießen sie Hedos München, mal Barons, schließlich EHC.

Mittlerweile finanziert der österreichische Energy-Drink-Hersteller Red Bull das Münchner Team, das längst mit Profis aus aller Welt gespickt ist. Red Bull respektive dessen Gründer Dietrich Mateschitz könnte nun allerdings zum Totengräber der traditionsreichen Eishalle werden. Bekanntlich plant Mateschitz, auf dem Gelände der 2015 abgerissenen olympischen Radrennbahn eine Multifunktionshalle zu errichten, in der sowohl seine Eishockeystars als auch die Basketballer des FC Bayern spielen sollen.

Ob die Bayern da mitmachen, ist allerdings noch fraglich. Wie man hört, wollen Mateschitz und Uli Hoeneß noch im Februar zu einem Gipfeltreffen zusammenkommen, um die Frage zu klären. Sollte auf dem Olympiagelände eine neue Halle entstehen, muss die Stadt überlegen, was aus der Eisarena wird. Es kann gut sein, dass dies ihr letzter runder Geburtstag ist.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: