Josef Schmid:Die Stunde des Zweiten

Josef Schmid, 2015

Josef Schmid (CSU) ist Münchens Oberbürgermeister, so lange Dieter Reiter an der Nordsee urlaubt.

(Foto: Stephan Rumpf)

Stallwache am Marienplatz: Oberbürgermeister Dieter Reiter urlaubt an der Nordsee, deswegen ist jetzt Josef Schmid erster Mann im Rathaus. Einmischungen des Chefs muss er nicht fürchten.

Kolumne von Dominik Hutter

Und plötzlich sind es drei. Drei Jobs, die Josef Schmid zu verrichten hat. Neben seinen Aufgaben als Vorsitzender des CSU-Kreisverbands München-West natürlich: Zweiter Bürgermeister, Wirtschaftsreferent der Stadt München und jetzt auch noch Ersatz-Oberbürgermeister für Dieter Reiter, der mit Familie den kilometerlangen Sandstrand in St.-Peter-Ording genießt. Schmid muss sich derweil alles anhören, was normalerweise Reiter zugetragen wird.

Am Montag hat er bereits den Stab für außergewöhnliche Ereignisse geleitet, der sich mit dem Thema Flüchtlinge befasst. Außerdem fand die allwöchentliche Referentenrunde statt, deren Vorsitz normalerweise Reiter innehat. Es folgt die sogenannte Mittagsrunde mit den Fraktionsspitzen von CSU und SPD. Am Mittwoch nächster Woche tagt dann der Feriensenat des Stadtrats, der in abgespeckter Besetzung auch in den Sommermonaten den Rathausbetrieb am Laufen hält. Schmid wird auf dem Chefsessel Platz nehmen.

Stallwache im Rathaus

Es ist nicht das erste Mal, dass Schmid Stallwache hat. Schon im Frühsommer 2014, als die Wände in seinem Amtszimmer gerade erst frisch geweißelt waren, musste er ran. So eine OB-Vertretung hat stressige und lustige Seiten - oder traurige, wie etwa das Kondolenzschreiben für Stephan Beckenbauer, das Schmid als höchster Repräsentant der Stadt München versandte. Dafür darf der CSU-Politiker am Donnerstag auf einen Polizeiempfang, am Freitag nimmt er am Down-Under-Fest teil.

Die Stallwachen sind Teil eines bis ins Detail geregelten Vertretungsprinzip, das im gesamten Rathaus gilt. Bei weniger prominenten Terminen, 100. Geburtstagen etwa, wird der OB oft von Fraktionschefs oder auch einfachen Stadträten vertreten, manchmal gratuliert auch Reiters Frau Petra. Grundsätzlich gilt: Mindestens ein Bürgermeister sollte anwesend sein am Marienplatz. Aktuell hat Schmid noch Unterstützung durch seine SPD-Kollegin Christine Strobl, die Dritte Bürgermeisterin. Ende August kehrt Reiter ins Rathaus zurück und nimmt das Zepter wieder an sich. Dann kann die Familie Schmid ihren Sommerurlaub in Italien antreten.

Christian Ude genoss im Rathaus den Ruf, auch im Urlaub ein Oberbürgermeisterbüro in seinem Ferienhaus auf der Kykladeninsel Mykonos zu unterhalten. Derlei ist Reiter fern. Turnusmäßige Telefonate mit der Zentrale am Marienplatz seien nicht geplant, versichern der Urlauber wie auch sein Vertreter einmütig. Der "echte" OB solle nur in krassen Fällen kontaktiert werden. Denn vermutlich nervt es, wenn an der Nordsee im Kitebuggy das Smartphone vibriert. Reiter will sich, ganz öko ohne CO₂-Ausstoß, vom Wind über den Sandstrand ziehen lassen.

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