Jobmesse:Arbeit gesucht

Bei einer Karrierebörse für internationale Fachkräfte knüpfen Migranten erste Kontakte zu Münchner Firmen - und lernen, was bei Bewerbungen wichtig ist

Von Sarah Beham

Sie hängen an weißen Stellwänden, wecken Hoffnung und versprechen eine sichere Zukunft: die Zettel mit den Ausschreibungen, "Maschinenbau-Ingenieur", "Rollout-Supporter" oder "Projektassistent im IT-Bereich" ist da zu lesen. Einen dieser Jobs abzugreifen, das ist das Ziel hier an der Amiga Karrierebörse für internationale Fachkräfte im Berufszentrum der Agentur für Arbeit. "Eine Arbeit finden und persönlich erste Kontakte knüpfen", sagt Daniel Gkoutzourelas, 29. In seinem Heimatland Griechenland arbeitete er in einem Versicherungsbüro als Assistent am Empfang, in München will er das auch tun. Bei dem Stand der "Europ Assistance Services" versucht er am Donnerstag sein Glück: "Wir brauchen Leute, die viele Sprachen sprechen. Nur Englisch müssen sie sprechen", sagt ihm ein Berater auf Englisch. Gkoutzourelas grinst, als er das hört, das kommt ihm gelegen. "Ich spreche nicht gut Deutsch, aber es gibt hier Möglichkeiten für mich", sagt er und steckt eine Visitenkarte in seine Hosentasche.

Amiga steht für "Active Migrants in the Local Labor Market". Migranten also, die nach München ziehen, sollen hier Kontakte knüpfen und Jobs finden, sich in den Münchner Arbeitsmarkt eingliedern. Das ist oft nicht so einfach in einem fremden Land mit fremder Sprache, so eine Messe erleichtert den Einstieg ungemein. Und sie erleichtert nicht nur den Migranten die Suche nach Jobs, sondern auch den Unternehmern, den Markt für Arbeitskräfte zu sondieren. Auch die Stadtverwaltung ist mit einem Stand vertreten und gibt über Stellen und Bewerbungsverfahren Auskunft.

Abgeschlossenes BWL-Studium, zweijährige Arbeitserfahrung, interessiert an Finanzen - für Boris Güntherviscarra, 26, aus Bolivien könnte es bei einem der Stände klappen. Er hält einen Zettel in der Hand, der ihn hoffen lässt: eine Stelle als Projektassistent ist frei. Er fragt Franziska Binner, Account- und Projektmanagement, nach einer direkten Anstellung. Nein - erst nach einem Jahr ist das möglich. An welche Firmen vermittelt die Zeitarbeitsfirma? BMW zum Beispiel. Kommt er mit seinem Studium und der Berufserfahrung gut an? Auf jeden Fall, sagt Binner, er soll gleich den Lebenslauf schicken.

Lebenslauf - ein ganzes Leben auf ein paar Seiten zusammengequetscht, das Beste aus sich herausholen und das bisher Geleistete überzeugend präsentieren. Ein kurzer Blick reicht oft, und der Bewerber wird genommen oder abgelehnt. Woran das liegt, können Besucher im Nebenraum in Einzelgesprächen mit Beratern der Agentur für Arbeit herausfinden, beim Bewerbungsmappencheck. Aus der hinteren Ecke ist zu hören: "Ich bekomme die Stellen nie", "Ja, leider bekommt man kein Feedback, woran das gelegen hat". In der anderen Ecke sitzt Linda Liang, 26, aus Australien. Sie hat einen abgeschlossenen Master of Science Epidemiology der LMU München und hat ihre Mappe vor sich liegen. Ein Berater sitzt ihr gegenüber und gibt ihr Tipps: Bewerbungsfotos sind Standard in Deutschland. "Ach so, in Australien nicht." Dann müssen die Fotos auch noch biometrisch sein. Das notiert sich Liang. Zudem sollte bei einer deutschen Firma eine deutsche Fassung der Bewerbung vorgelegt werden. Liang muss also übersetzen. Schließlich ist das Profil von Liang unnötig, in Deutschland braucht man zu Beginn des Lebenslaufs keine Zusammenfassung.

Im Foyer wuseln immer mehr Besucher aus der ganzen Welt umher, bewaffnet mit gelben Informationszetteln und schwarzen Stofftaschen, die nach jedem Besuch bei einem Unternehmensstand mit Nummern, Visitenkarten und Hoffnungen auf einen Job gefüllt werden. 11 323 offene Stellen gibt es laut Agentur für Arbeit derzeit in München, besonders im Dienstleistungsbereich wird gesucht. Qualifikationen und Anforderungen treffen auf der Messe aufeinander, aber auch Zweifel und Ungewissheit kommen auf: "Ich will eine Ausbildung als Bürokauffrau machen, aber ich weiß nicht, ob mein Deutsch ausreicht", sagt Ana Mercedes, 36, aus der Dominikanischen Republik. Die Karrierebörse soll auch vermitteln, dass die Bewerber Deutsch lernen müssen, betont Otto Wurzer, Geschäftsführer der "WTM-Engineers". "Wenn die Bewerber aus den deutschen Reihen nicht ausreichen, dann muss man schnell Kontakte zu ausländischem oder ankommenden Personal knüpfen". Und die haben eben vor allem dann Chancen, wenn sie neben Englisch auch Deutsch sprechen.

Regina Ober, Leiterin der Servicestelle für Erschließung ausländischer Qualifikationen im Sozialreferat, ist sich sicher: Die Wirtschaft braucht Fachkräfte, der Zuzug ist positiv. "Zu uns kommen Ärzte, Pflegekräfte, Pädagogen - wir brauchen diese Leute." Ob sich der Besuch bei der Karrierebörse gelohnt hat, wird sich noch herausstellen. Jetzt müssen die Bewerber warten. Und hoffen, dass die Zahl der arbeitenden Ausländer in München steigt - im Juli 2015 waren es noch 19 Prozent aller Beschäftigten in der Stadt, also 191 674 Menschen.

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