Münchner Jobcenter:"Ende 2017 werden wir etwa 2500 Flüchtlinge in eine Arbeit vermittelt haben"

Münchner Jobcenter: Anette Farrenkopf ist Geschäftsführerin des Job-Centers München. Die Behörde mit fast 1000 Mitarbeitern ist nur für Flüchtlinge zuständig, die einen uneingeschränkten Zugang zu Ausbildung und Arbeit haben.

Anette Farrenkopf ist Geschäftsführerin des Job-Centers München. Die Behörde mit fast 1000 Mitarbeitern ist nur für Flüchtlinge zuständig, die einen uneingeschränkten Zugang zu Ausbildung und Arbeit haben.

(Foto: Björn Marquart)

Jobcenter-Chefin Anette Farrenkopf sieht gute Vermittlungschancen für Flüchtlinge in München. Die Wohnsituation bleibt in der Stadt aber die größte Herausforderung.

Interview von Inga Rahmsdorf

Das Jobcenter München betreut derzeit 10 400 Flüchtlinge aus acht verschiedenen Ländern. Vor zwei Jahren waren es 6800. Geschäftsführerin Anette Farrenkopf ist zuversichtlich, dass die Hälfte von ihnen innerhalb von fünf Jahren in eine Ausbildung oder Arbeit vermittelt werden kann.

SZ: Nicht jeder Flüchtling ist Handwerker oder Arzt und nicht jeder lernt schnell eine neue Sprache. Ist trotzdem die Integration in den Arbeitsmarkt zu schaffen?

Anette Farrenkopf: Wir ernten die ersten Früchte. Ich bin zufrieden, es läuft besser als erwartet. Ende 2017 werden wir in München etwa 2500 Flüchtlinge in eine sozialversicherungspflichtige Arbeit vermittelt haben. Trotzdem ist es eine Herausforderung, und wir werden nicht jeden erreichen. Besonders wichtig ist uns, gerade die jüngeren in eine Ausbildung zu bringen.

Wollen viele Flüchtlinge nicht erst einmal Geld verdienen, um Schulden zu bezahlen oder ihre Familien zu unterstützen?

Das bleibt ein permanentes Thema. Wir würden gern mehr junge Leute in eine Ausbildung bringen, wichtig ist daher auch unsere Unterstützung während der Ausbildung. Und wir müssen ihnen vermitteln, welche Chancen und Perspektiven eine duale Ausbildung bietet. Für die, die gleich in Arbeit gehen, müssen wir schauen, wie sie Qualifizierungen nachholen können. Dafür sind zum Beispiel Teilqualifizierungen geeignet, also Abschlüsse in kleinen Schritten.

Wie ist das Feedback der Unternehmen, wächst das Interesse und die Bereitschaft, einen Flüchtling einzustellen, oder herrscht eher Ernüchterung?

Wir haben eine Welle erlebt: Erst hatten wir eine Anfangseuphorie, als ganz viele Betriebe sich mit viel Engagement, Ideen, Praktika und Coachingprojekten eingebracht haben. Da konnten wir noch nicht genügend geeignete Flüchtlinge vorschlagen. Dann kam so eine Zeit, in der es auch erste Misserfolgserlebnisse gab. Die größten Misserfolge hängen mit der aufenthaltsrechtlichen Thematik zusammen. Das ist die größte Frustration: Wenn man sich engagiert, und dann sieht man, dass jemand nicht weitermachen kann oder die Ausbildung nicht beginnen kann.

Aber das Jobcenter ist doch nur für Flüchtlinge zuständig, die hier bleiben dürfen.

Ja, wir betreuen nur die Flüchtlinge, die einen uneingeschränkten Zugang zu Ausbildung und Arbeit haben, und deswegen appellieren wir auch an die Unternehmen, dass bei unseren Kunden diese Problematik nicht auftaucht. Das ist den Betrieben aber nicht immer klar, diese ganzen aufenthaltsrechtlichen Dinge sind ja auch kompliziert. Auch bei unseren Kunden kommt es vor, dass sie eine Arbeit abbrechen. Zum Beispiel kann es Probleme mit Schichtarbeit geben, was auch mit der Unterbringung zu tun hat. Wenn Flüchtlinge in Unterkünften wohnen, können sie vielleicht nicht schlafen oder keine Ruhe zum Lernen finden.

Sind Flüchtlinge eine Lösung für den Fachkräftemangel?

Es gibt nicht die Lösung. Den Fachkräftemangel zu beseitigen, ist ein Puzzle, und ich finde, die Flüchtlinge sind ein Puzzlestein. Nicht immer passen alle genau auf die freien Kapazitäten. Aber es lohnt sich, die Investition in die jungen Leute, die hier sind. Besonders in die Kinder, die hier in der Schule sind. Da haben wir eine Chance.

Was sind die größten Herausforderungen bei der Integration in Arbeit?

Wenn ich für München spreche, ist das Wohnen die größte Herausforderung. Eine sinnvolle Integration in Ausbildung und Arbeit funktioniert am besten mit einer guten Wohnform. Die Stadt tut da ja schon viel, aber es ist schwierig, auch für Migranten und Deutsche. Eine weitere Herausforderung ist, dass wir erst eine gelungene Integration haben, wenn wir auch die Frauen erreichen. Dieses Thema wollen wir 2018 stärker in den Fokus nehmen. Wir müssen mehr Integrations- und Deutschkurse mit Kinderbetreuung anbieten. Und natürlich müssen wir auch am Rollenbild mit den Frauen und Männern arbeiten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: