20 Jahre M94.5:"Sie machen einfach"

M94,5

Wolfgang Sabisch war an der Gründung von M94.5 beteiligt und leitet den Sender noch immer.

(Foto: Lukas Barth)

Senderchef Wolfgang Sabisch über Pannen und Entdeckungen beim Studentenradio M94.5.

Interview von Christiane Lutz

Wolfgang Sabisch, 63, war dabei, als M94.5 mit einer Gruppe von Studenten der Kommunikationswissenschaft entwickelt wurde. Damals recherchierte man noch ohne Internet in den Räumen des Instituts in der Oettingenstraße. Heute, 20 Jahre später, leitet er den Sender noch immer.

SZ: Erinnern Sie sich noch an den ersten Song, der auf M94.5 gespielt wurde?

Wolfgang Sabisch: Könnte ich nicht sagen, weil wir zwei Wochen vor dem offiziellen Start am 1. Juli 1996 eine Schleife von 20 Songs zusammengestellt hatten. Wir hatten aber schon ein Telefon. Und wir hatten tatsächlich einen Hörer, der da angerufen und nach einem Song gefragt hat. Das war der Song "Altötting" von den Nuts.

Noch nie gehört.

Alle aus Altötting. Völlig abgedreht.

Wofür steht M94.5 Ihrer Meinung nach?

Das "M" steht für München. Aber es steht auch für mutige Medienmacher. Und das M steht für Musik, natürlich. Musik ist nach wie vor der wichtigste Anreiz, uns zu hören. 1996 hatten wir mit unserer Musik ein Alleinstellungsmerkmal, weg vom Mainstream, hin zu Alternative und Independent. Das ist heute quasi der Mainstream.

Sie sind mit 63 Jahren der mit Abstand älteste Mitarbeiter bei M94.5. Wie stellen Sie sicher, dass Sie Ihre jungen Kollegen überhaupt noch erreichen und verstehen?

Ich überprüfe das jeden Tag. Wenn ich versuche, eine Redaktion zu erreichen, indem ich ihr immer erzähle, wie toll alles früher war, und dass ich noch mit Bandmaschine und Kleber Radio gemacht habe, dann würden die mich nicht mehr ernst nehmen. Opa erzählt vom Krieg. Das ist eine echte Herausforderung.

Wo haben Sie dazu lernen müssen?

Wichtig ist die Bereitschaft, sich selbst nicht ganz so ernst zu nehmen. Ich erinnere mich, als alle anfingen, mit Mützen in Redaktionskonferenzen zu kommen. Da hab' ich gemahnt: "Herrschaften, wir haben hier eine Konferenz, die Mützen müssen runter." Darüber kann ich heute lachen. Da hat sich in der Mode was verändert, dann muss auch ich bereit sein, diese Veränderung zu akzeptieren. Mützen nicht als Ausdruck von Respektlosigkeit zu lesen, sondern als Ausdruck eines Lebensgefühls.

Was war der größte Einschnitt in den vergangenen 20 Jahren?

Das Internet, sicherlich. Noch mehr aber die veränderten Studienbedingungen. Magister- und Diplomstudenten, mit denen wir anfingen, die ein ganz anderes Studienverhalten hatten. Jetzt geht alles wahnsinnig schnell, ist viel verschulter, das Zeitbudget ist knapper. Die Studienbedingungen haben uns gezwungen, uns anzupassen. Umso wichtiger ist aber, dass die jungen Menschen hier Praxis erfahren können. Die müssen nicht immer irgendwo noch einen alten Sack fragen, um was zu dürfen, sondern sie machen einfach.

Gab es denn mal größere Pannen?

Wir haben eine Erwähnung im Jugendschutzbericht aufgrund einer flapsigen Formulierung. Und einmal kam Post vom Management von Tocotronic, weil einer unserer Mitarbeiter eine gekennzeichnete Presse-CD zum Download ins Netz gestellt hatte. Da mussten wir Lehrgeld bezahlen.

Peinliche Sendungen?

Es gab mal eine Sendung mit Künstlern der Kunstakademie. Die hatten sehr experimentelle Vorstellungen davon, wie man Radio nutzt. Dann haben sie irgendwann eine Ente mit einem Kochlöffel durchs Studio gepeitscht. In der Adventssendung! Da bin ich eingeschritten. Das war dann die letzte Folge.

Welche Band war die größte Entdeckung von M94.5?

Wir hatten Amy Winehouse auf der Couch, lange bevor sie berühmt war. Und 1996 schon hat die Redaktion eine Garagenband aus Germering angeschleppt. Ich hatte es nicht so mit deutschen Texten damals. Die Redaktion hat sich durchgesetzt und ich musste zugeben: Die hatten doch Recht. Die Band hat dann unter dem Namen Sportfreunde Stiller Karriere gemacht.

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