60 Jahre Kriegsende:KVR verbietet Nazi-Demo auf Marienplatz

Die für den 8. Mai geplante Mahnwache unter dem Motto "Tag der Ehre, nicht der Befreiung" hätte die Opfer des Nationalsozialismus "in unerträglicher Art und Weise" beleidigt, argumentierte Wilfried Blume-Beyerle.

Von Berthold Neff

Ähnlich früheren von den Neonazis geplanten und von der Stadt verbotenen Aktionen wie ein Marsch zur Feldherrnhalle oder über den Geschwister-Scholl-Platz hatte auch die Mahnwache auf dem Marienplatz bereits im Vorfeld für Aufregung gesorgt.

Grüne und SPD forderten das Kreisverwaltungsreferat (KVR) auf, mit den Neonazis gar nicht erst zu verhandeln, sondern die Kundgebung sofort zu verbieten.

Bordin erscheint nicht zur Anhörung

KVR-Chef Wilfried Blume-Beyerle sagte dazu am Freitag vor der Presse, eine Anhörung des Anmelders sei vom Bundesverfassungsgericht vor allem für jene Fälle vorgeschrieben, in denen ein Verbot der Versammlung in Erwägung gezogen werde. Der Neonazi Norman Bordin, der sich den Marienplatz durch Anmeldung vom 11. November 2004 gleich bis zum Jahr 2015 hatte sichern wollen, ließ die Anhörung jedoch platzen.

Als ihm das Kreisverwaltungsreferat daraufhin schriftlich mitteilte, dass die Mahnwache räumlich und zeitlich verlegt werden müsse, weil sie eine "einzigartige Provokationswirkung gegenüber der Öffentlichkeit" darstelle und die öffentliche Ordnung gefährde, beharrte Bordin auf dem Termin und kündigte an, den Rechtsweg "bis hin zum Bundesverfassungsgericht" zu beschreiten.

Erfahrung mit Versammlungen Rechtsextremer

KVR-Chef Blume-Beyerle nimmt deshalb an, dass der Bescheid seiner Behörde nun zumindest das Verwaltungsgericht München sowie den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof beschäftigen wird. "Ich bin zuversichtlich, dass die Gerichte unsere Entscheidung bestätigen werden", sagte Blume-Beyerle.

Schließlich habe sich das KVR auch diesmal "ausschließlich von seiner Bindung an Recht und Gesetz und von seiner Erfahrung auch und gerade im Umgang mit Versammlungen Rechtsextremer leiten lassen", sagte der Ordnungs-Chef.

Befreiung als negatives Ereignis

Der 8. Mai, so Blume-Beyerle in der Begründung seines Verbots, werde von der Bevölkerung nicht nur mit dem Ende des Zweiten Weltkriegs, sondern vor allem mit dem Ende der NS-Schreckensherrschaft verbunden, mit der Befreiung vom Hitlerfaschismus, von Massenmord, Gewalt und Verbrechen.

Die von Bordin angemeldete Mahnwache habe diesen Tag als negatives Ereignis darstellen und die Befreiung des deutschen Volkes leugnen wollen. Hinzu komme, dass der Marienplatz schon vor der Machtergreifung von 1933 Kultort der NSDAP gewesen sei.

Später habe in unmittelbarer Nähe, im Alten Rathaussaal, Joseph Goebbels am 8. November 1938 das Signal zur "Reichspogromnacht" gegeben, die zum Auftakt für die Ermordung von Millionen Juden wurde.

Blume-Beyerle: "Thema, Tag und Ort der Versammlung beleidigen somit die unzähligen Opfer der Nationalsozialisten in unerträglicher Art und Weise."

Bordin als Versammlungsleiter abgelehnt

Außerdem hat die Stadt in dem Bescheid Norman Bordin als Versammlungsleiter abgelehnt. Er sei mehrfach vorbestraft und zuletzt im Zusammenhang mit dem Skinhead-Überfall auf einen Griechen verurteilt worden, sagte Blume-Beyerle.

Die Rathaus-Grünen begrüßten das Verbot. Fraktionschef Siegfried Benker lobte das Vorgehen des Ordnungs-Chefs als "konsequentes Einschreiten gegen den Missbrauch der Versammlungsfreiheit durch Rechtsextremisten".

Die Stadt habe dadurch ein "wichtiges Zeichen der Entschlossenheit" gesetzt, "dem Wiederaufleben des braunen Terrors rechtzeitig entgegenzutreten".

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