Deutsches Museum:Glückliche Landung in der Flugwerft Schleißheim

Deutsches Museum: Bereit für den Jubiläums-Rundflug: Eine Antonow An-2 wartet vor der Flugwerft in Oberschleißheim.

Bereit für den Jubiläums-Rundflug: Eine Antonow An-2 wartet vor der Flugwerft in Oberschleißheim.

(Foto: Stephan Rumpf)
  • Weil die Räume auf der Museumsinsel in der Isar viel zu klein sind, um alle Ausstellungsstücke zeigen zu können, eröffnete das Deutsche Museum 1992 seine erste Außenstelle im Norden Münchens.
  • Vor mehr als 100 Jahren war dort die erste königlich-bayerische Fliegertruppe stationiert.
  • Mit mehr als 70 Fluggeräten gehört die Flugwerft Schleißheim zu den größten Luftfahrt-Museen in Deutschland.

Von Irmengard Gnau

Otto Nummer 81 steht bereit. Vor mehr als 100 Jahren wurden seine ersten Vorfahren gebaut, nun könnte Otto Nummer 81 es ihnen bald nachtun und in die Luft gehen. Ein paar Tests sind noch nötig, der neue Motor muss sich noch endgültig beweisen, dann darf der Doppeldecker abheben. Der lederfarbene Flieger ist ein besonderes Herzensprojekt der Flugwerft Schleißheim: ein historischer Nachbau des Doppeldeckers der in München ansässigen Flugmaschinenwerke Gustav Otto. Die sogenannten Otto-Doppeldecker waren 1912 die ersten Flugzeuge, die auf dem Flieger-Standort in Oberschleißheim stationiert waren, damals als Ausstattung der neu gegründeten königlich-bayerischen Fliegertruppe.

Das ambitionierte Projekt der Rekonstruktion der historischen Maschine illustriert anschaulich, was sich in der Flugwerft Schleißheim verbindet. An einem historischen Ort erzählt die Sammlung seit nunmehr 25 Jahren die verschiedenen Kapitel der Luftfahrtgeschichte vom Ende des 19. Jahrhunderts bis heute. 1992 wurde die Flugwerft als erste Außenstelle des Deutschen Museums eröffnet, heute ist sie eines der größten Luftfahrtmuseen in Deutschland. Leiter damals wie heute ist Gerhard Filchner. "Wir haben den Anspruch, nicht nur die Historie zu beleuchten, sondern auch den aktuellen Stand der Technik zu zeigen", sagt er.

Die mehr als 70 Fluggeräte, die in den teils historischen Hallen zu sehen sind, spannen den Bogen von Otto Lilienthals Gleitapparat von 1894 über Weltkriegsflugzeuge wie Fokker D VII und Fieseler Fi 156 Storch bis hin zu Kunstflugzeugen, Raketen und einem modernen Hängegleiter aus dem Jahr 1999. Auch ein Tornado ist seit 2010 in Schleißheim zu sehen. Der Kampfflieger war zuvor in Afghanistan als Aufklärungsflugzeug zum Einsatz gekommen und hatte Luftaufnahmen an die Internationale Unterstützungstruppe Isaf geliefert. "Als er bei uns ankam, rieselte noch Sand aus der Turbine", erinnert sich Filchner. Nach 4000 Flugstunden wurde der Flieger ausgemustert - und kam als Exponat nach Schleißheim.

Die Werft am Schleißheimer Flugplatz kann auf eine bewegte Historie zurückblicken. Die ersten Gebäude entstanden 1912, als das Areal südlich der Schleißheimer Schlösser als Standort der königlich-bayerischen Fliegertruppe, einer neu gegründeten Abteilung der bayerischen Armee, auserkoren wurde. An der "Militärfliegerstation Schleißheim" wurden künftige Flugzeugführer und Beobachter ausgebildet. Das damalige Haupthaus, die sogenannte Kommandantur, ist bis heute erhalten; sie wurde umfassend renoviert, heute erfahren Besucher dort gut aufbereitete Details über die Geschichte des Geländes.

Auch während des Ersten Weltkriegs fungiert Schleißheim als Ausbildungsstandort, zudem wird eine Flieger-Ersatzabteilung eingerichtet. Der Flugplatz wird umfassend erweitert, gegen Kriegsende entsteht die Werfthalle, die heute Kern des Museums ist. Von 1922 bis 1933 erlebt der Flugplatz eine Phase der Nutzung für die zivile Luftfahrt. Passagier- und Postflüge starten von Schleißheim aus.

Ein einzigartiger Ort für die Exponate

Als es um die Frage geht, welcher Standort zum Flughafen von München ausgebaut werden soll, fällt die Wahl jedoch auf das stadtnähere Oberwiesenfeld. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird der Flugplatz zum Fliegerhorst der Luftwaffe ausgebaut. Der Schwerpunkt liegt weiterhin auf der Schulung von Piloten und Besatzungsmitgliedern, von 1942 an besonders auch für die Nachtjagd mit Hilfe von Radar. Nach Kriegsende übernimmt die US-Armee den Platz und stationiert dort Transport-Hubschrauber. Seit Gründung der Bundeswehr nutzen von 1958 an auch die Heeresflieger den Flugplatz. Erst 1981 endet der militärische Flugbetrieb.

Danach verfallen die Gebäude zusehends. Das Dach der Werfthalle bricht ein. Erst durch die Suche des Deutschen Museums nach einer Außenstelle für seine stetig wachsende Luft- und Raumfahrsammlung kommt das Gelände wieder in den Blick. Dass Franz Josef Strauß ein begeisterter Flieger war, soll dem Projekt nicht geschadet haben. 1986 begann man mit der Wiederherstellung der Werft, 1992 wurde sie eröffnet. "Vor 25 Jahren hätte wohl niemand gedacht, dass aus einer eingestürzten Halle dieser einzigartige Ort wird", sagt Wolfgang Heckl, der Generaldirektor des Deutschen Museums heute. 50 Millionen Mark nahm das Museum damals für seine erste Außenstelle in die Hand. Nach einem Vierteljahrhundert haben drei Millionen Menschen die Sammlung besucht, um dem lange gehegten Menschheitstraum vom Fliegen etwas näherzukommen.

Auch Leiter Gerhard Filchner wirkt glücklich, wenn er sich zwischen Besuchern und Exponaten umschaut. Eine Besonderheit ist die gläserne Werkstatt: Ein Experiment, in dem Museumsgäste den sieben Mitarbeitern dabei über die Schulter schauen können, wie sie Flugzeuge restaurieren. Auch der Otto-Doppeldecker Nummer 81 steht noch in der verglasten Halle. Da keine der 63 Original-Maschinen, die einst in Schleißheim stationiert waren, noch erhalten ist, stützen sich die Mitarbeiter der Flugwerft bei der Rekonstruktion auf alte Pläne und Fotos. Seit zehn Jahren arbeiteten die Männer gemeinsam mit Ehrenamtlichen des Oberschleißheimer Werftvereins an dem Projekt, erzählt Filchner.

Am 8. und 9. Juli feiert die Flugwerft Schleißheim ihr 25-jähriges Bestehen. Das Museum ist Samstag von 10 bis 19 und am Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Zum Festprogramm zählen Sonderführungen, Fallschirmsprünge sowie ein Fly-in historischer Maschinen, zudem gibt es Rundflüge, Live-Musik und Kinderprogramm. Weitere Informationen unter www.deutsches-museum.de/flugwerft.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: