250 Jahre Cuvilliés-Theater:Eine Bühne für den göttlichen Herrscher

Im Auftrag von Kurfürst Max III. Joseph erbaut, im Krieg zerstört, an neuer Stelle wiederauferstanden: Das Cuvilliés-Theater wird 250 Jahre alt

Georg Etscheit

Wer es noch nie gesehen hat, gerät bei seinem Anblick augenblicklich ins Schwärmen. Welch eine Pracht! Welch ein Glanz! Weiß-rot-golden schimmert der intime Theaterraum mit seinen drei Rängen und der prächtigen Fürstenloge. Überbordend geschmückt ist diese wundersame Schöpfung der Rokoko-Architektur mit mythologischen und allegorischen Darstellungen: Karyatide und Atlanten, kunstvolle Kartuschen, geschnitzte Draperien, mit Rocaillen überladene Balustern sowie ornamentale Pflanzen- und Fruchtgehänge. In diesem Monat wird das Cuvilliés-Theater 250 Jahre alt.

Geschaffen hat dieses Kleinod des Bayerischen Rokoko der geniale Architekt Francois Cuvilliés der Ältere. Im Auftrag von Kurfürst Max III. Joseph errichtete er von 1751 bis 1755 die neue Hofoper der Wettiner in ihrem Münchner Stammsitz. Einen Großteil der Baukosten, die das damals veranschlagte Budget von 53.000 Gulden fast um das Dreifache überstiegen, verschlang die prachtvolle Innenausstattung.

1753 wurde das neu erbaute Residenztheater, das heute nach seinem Schöpfer "Cuvilliés-Theater" genannt wird, mit der Uraufführung der Opera seria "Catone in Utica" von Giovanni Ferrandini festlich eröffnet. Ein Werk, das nun im Rahmen der "Residenzwoche" vier mal aufgeführt wird (siehe nebenstehenden Kasten).

Abbild der Macht

Das Theater war konzipiert gewissermaßen als Fortsetzung der so genannten Reichen Zimmer, der Prunkräume der Residenz. Es sollte sich nicht nur für theatralische Veranstaltungen eignen, sondern auch für andere höfische Feste, die der Verherrlichung des bayerischen Fürstenhauses gewidmet waren: Im höfischen Fest der Barock- und Rokokozeit, zu dem auch die Aufführung einer Oper zählte, gab der absolute Herrscher ein strahlendes Abbild seiner göttlich legitimierten Macht. Das Theater erlebte zahlreiche prunkvolle Inszenierungen von Barock-Opern, darunter 1781 die Uraufführung von Mozarts "Idomeneo".

Auch technisch war das Münchner Haus auf dem damals modernsten Stand. Die neue Hofoper besaß mit ihren sieben "Fahrten", die während eines Aktes vier Verwandlungen erlaubten, einer Unterbühne im Stile von Versailles, die das Versenken bühnenhoher Kulissenteile ermöglichte, und einer Bühnentiefe von 26 Metern weltstädtisches Niveau. Von dieser Bühnenmaschinerie, einem Werk des Italieners Giovanni Paolo Gaspari, ist leider nichts mehr erhalten. Wie auch das Theatergehäuse selbst heute eigentlich mehr schöner Schein als Sein ist.

In Schutt und Asche

Am 18. März 1944 nämlich hatten alliierte Bomber den Bau, wie die gesamte Münchner Residenz, in Schutt und Asche gelegt. Glücklicherweise hatte man große Teile der kostbaren Innenverkleidung vorher ausgebaut und ausgelagert. Sie blieben erhalten und wurden 1958 an anderer Stelle, im so genannten Apothekenstock am Brunnenhof, wieder eingebaut. An der Stelle, wo ursprünglich das Alte Residenztheater seinen Platz hatte, direkt neben dem Nationaltheater, steht heute das Neue Residenztheater - Heimat des Bayerischen Staatsschauspiels.

Das neue Theater am Ort des Alten Residenztheaters hatte der damalige Staatsintendant Alois Maria Lippl, ein volkstümlicher Stückeschreiber, gefordert - und bekommen.

Dabei war er sich einig mit keinem Geringeren als Thomas Mann, der sich aus Kalifornien gegen die Restauration des "alten Rokoko-Saales" ausgesprochen hatte: "Viel edler im Gemüt, aus dem Schutt das ganz Neue, entschlossen Moderne, klar und heiter vorwärtsblickende unsentimental und tapfer erstehen zu lassen."

Später entschloss man sich dann doch, das Cuvilliés-Theater wieder erstehen zu lassen - an neuem Ort. Für immer verloren gingen bei dieser Versetzungsaktion die von Cuvilliés geschickt geformten Nebenräume für den Hof, die Garderoben und Werkstätten für das Theaterpersonal. Schon im 19. Jahrhundert untergegangen waren der prächtige Vorhang und das Deckenfresko von Johann Baptist Zimmermann. So ist das Cuvilliés-Theater heute in seinem Kern eigentlich ein moderner Bau.

Der Beliebtheit des "Alten Residenztheaters" bei den Münchnern und den vielen Touristen, die den Ort jedes Jahr besuchen, hat dies alles keinen Abbruch getan. Das Theater ist alles andere geworden als eine rein museale Anlage. Es dient als Aufführungsort von - nicht selten experimentellen - Theater- und Opernaufführungen, bietet einen noblen Rahmen für Kammerkonzerte, Lesungen und unterschiedliche Performances, wie die jährliche Verleihung des Bayerischen Filmpreises.

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