Italiener auf dem Oktoberfest:Revanche für Rimini

Zwölf Stunden Fahrt für einen Tag Party: Viele italienische Gäste geben trotz anstrengender Anreise am berühmt-berüchtigten "Italiener-Wochenende" auf dem Münchner Oktoberfest alles. Dabei tragen sie gerne bunte T-Shirts - und schmettern Trinklieder, die es in sich haben.

Von Elisa Britzelmeier

Um halb zehn Uhr morgens scheint die Stimmung schon auf ihrem Höhepunkt angelangt zu sein. "Beeeevoooo, bevo, mi ubriaco e son' felice", tönt es im Hofbräuzelt auf dem Münchner Oktoberfest: "Ich trinke, ich saufe und bin glücklich." Der angrenzende Tisch stimmt als Antwort ebenso lautstark und mit ähnlich kreativem Text "Ein Prosit" an, um das italienische Trinklied zu übertönen. Es ist Italiener-Wochenende.

Schon vor 8 Uhr in der Früh strömen die Wiesn-Touristen in Scharen aus den Reisebussen. Und um 10 Uhr vormittags müssen die Bedienungen im Hofbräuzelt die ersten Betrunkenen wecken. Die meisten Italiener bleiben nur einen Tag auf der festa della birra, viele fahren noch abends wieder ab. Auch Alessia, 23, Mara, 20, und Elisabetta, 23, haben einen Reisebus direkt zum Oktoberfest gebucht.

Beim ersten Blick über die Festwiese holen die drei staunend ihre Smartphones aus der Tasche und machen Fotos. Von den Fahrgeschäften, von der Bavaria und von den Zelten. "Wow, so groß ist das also!", ruft Elisabetta begeistert. Die Freundinnen aus Verbania am Lago Maggiore sind das erste Mal auf dem Oktoberfest. Was sie sich von dem Tag erwarten? "Bier", rufen alle im Chor. Und Mara fügt hinzu: "Donnone!", große, dicke, starke Frauen, "die können ganz viel Bier auf einmal tragen, richtig?"

Um 9 Uhr machen sie sich auf den Weg. Komisch sei es schon, so früh am Morgen Bier zu trinken. "Aber seit ich gesehen habe, wie deutsche Touristen zu ihrer Pizza einen Cappuccino trinken, bin ich auf alles gefasst", sagt Alessia. Ob sie denn wissen, dass das "Italiener-Wochenende" bekannt und berüchtigt ist? Die jungen Italienerinnen schütteln den Kopf. "Heißt das, dass gar keine Deutschen da sind?", fragen sie enttäuscht.

Junggesellenabschied auf der Wiesn

Mittags im Hofbräuzelt. Bei einer italienischen Männerrunde herrscht beste Bierlaune. Zwölf Stunden Anfahrt liegen hinter den Freunden aus dem Basketballverein, sie haben das Komplettpaket mit reserviertem Tisch gebucht. Auf den zweiten Wiesn-Samstag fiel ihre Wahl aus einem einfachen Grund: Danilo, 35, wird ein Wochenende später heiraten. Die Runde feiert seinen Junggesellenabschied. "Es übertrifft all meine Erwartungen", sagt der Bräutigam.

Die Gruppe trägt rote T-Shirts, von weitem erkennbar. "Game over" steht darauf. Danilos Kumpels Marco und Emanuele haben den Ausflug organisiert und sind sich einig: "Das Schöne hier ist, dass so eine großartige Stimmung herrscht, obwohl man sich nicht kennt." Die Deutschen seien anders als sonst, wärmer, aufgeschlossener. In seinem Heimatort Rimini "bleiben die deutschen Touristen unter sich", sagt Emanuele. Das einzige Problem im Bierzelt: "Es sind zu viele Italiener da!"

Im Durchschnitt zahlen italienische Besucher 150 Euro für die Variante mit Bus und einer Übernachtung im Hotel. Die Hotels liegen weit außerhalb, in Adelzhausen, Kaufering und Landsberg. Das "Luxus-Wochenende" umfasst zwei Übernachtungen und ein zentraleres Hotel. Den meisten ist das jedoch zu teuer. "In der jetzigen wirtschaftlichen Krise ist es schwer, mehr als 150 Euro für ein Wochenende zu verlangen", sagt Michele Marinaro, der die "Express-Reisen" organisiert.

Aus dem Hofbräuzelt tönt das "Fliegerlied". Danilo und seine Freunde verstehen nichts vom Text, aber die dazu passenden Flieg- und Schwimmbewegungen beherrschen sie inzwischen perfekt. Beim nächsten "Prosit" recken sie die Krüge als erste nach oben. Von einem Tisch träumen die Freundinnen vom Lago Maggiore da noch. Ohne Reservierung müssen sie erst einmal im Biergarten ausharren, da ist es ziemlich frisch. "Wie halten die deutschen Frauen das denn aus in ihren Dirndln?", fragt Alessia.

Am Abend sitzen aber auch sie mit drei Maß Bier im Zelt. Nach elf Stunden auf der Wiesn sagt Elisabetta: "Wir sind völlig erschöpft." Erschöpft, aber rundum zufrieden. Trotz der vielen Italiener.

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