It-Girl Sara Schätzl aus München:Öffentlich bis zum Zusammenbruch

Als angebliche Affäre des Schauspielers Bernd Herzsprung wurde sie bekannt - und schaffte es auf die Titelseiten der Klatschmagazine: Doch die Bussi-Welt machte das Münchner It-Girl Sara Schätzl krank und unglücklich. Ganz von der Szene lassen kann sie dennoch nicht. Eine Begegnung.

Tobias Dorfer

Das zweite Leben der Sara Schätzl fällt ausgerechnet im Münchner P1 in sich zusammen. Die Frau, die als angebliche Geliebte des Schauspielers Bernd Herzsprung Schlagzeilen machte, sitzt an einem Tisch. Schummerlicht. Getränke im Wert von mehreren tausend Euro. Alle Menschen, mit denen man als Schlagzeilenmädchen an einem Tisch sitzen möchte, sind da. Die Reichen, die Schönen, die Wichtigen. Doch Sara Schätzl hat keinen Spaß. Sie fühlt sich leer.

'World Jet Set' Party in der Discothek Helleaven - München

Jetset bis zum Zusammenbruch: Sara Schätzl versuchte sich als It-Girl, jetzt hat sie ein Buch veröffentlicht.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Sie zieht sich auf die Toilette zurück, bricht zusammen: "Ich konnte nicht mehr atmen, zog mein Kleid aus, hing in der Kabine und fühlte mich wie ein zerbrochenes Gefäß." Noch nicht einmal 22 Jahre alt ist Sara Schätzl, als Ende 2009 ihr großer Traum zerbricht. "Mein Fell war nicht dick genug", sagt sie heute. "Als ich das erkannte, war es ein großer Schock. Ich hatte für meinen Traum doch so viel aufgegeben."

Sara Schätzl ist 16 Jahre alt, als sie ihr erstes Leben im kleinbürgerlichen Donauwörth hinter sich lässt, um den Traum vieler Mädchen zu leben. Ihr Ziel: die Titelseiten der Klatschpresse. Schätzl bricht das Gymnasium ab und zieht in eine 23-Quadratmeter-Wohnung in München.

Die Mutter, von den Plänen der Tochter alles andere als begeistert, dreht den Geldhahn zu. Und so lebt Schätzl von 300 Euro im Monat, irrt von Casting zu Casting, ergattert hier und da kleinere Rollen, aber nichts Größeres: "Ich wusste, ich spiele 20 Mal besser als all die Clowns. Aber am Ende haben sie doch so eine Castingschnepfe aus einer Popstars-Band genommen."

Bekanntheit ist alles - dieses Gesetz verinnerlicht Sara Schätzl schnell. Und bekannt wird sie - spätestens durch Paparazzi-Bilder, die sie als angeblichen Urlaubsflirt des mehr als 40 Jahre älteren Schauspielers Bernd Herzsprung zeigen. Eigentlich war nur eine E-Mail in ihrem Spam-Ordner gelandet. Ein Mann will mit ihr über ein "spannendes Projekt" sprechen. Ein "Reality-Ding". Sara Schätzl denkt an die Pseudo-Doku Abschlussklasse von ProSieben. Doch dann soll sie eine Affäre mit Herzsprung vorgaukeln. Die Bilder, die bei einem Shooting in einem Hotel in Österreich entstehen, werden durch die Klatschmagazine gereicht.

Doch der Schwindel fliegt auf. Herzsprung-Gspusi - das haftet ihr bis heute an. Schätzl selbst profitiert von der Märchenstunde, bekommt Einladungen zu den wichtigen Partys, die Fotografen am roten Teppich rufen ihren Namen.

Das Leben hat aber auch unschöne Nebenwirkungen. Die Leere nach den Partys. Der Spott. Und das Geschwätz. "Ich war auf einem musischen Gymnasium und nun muss ich über Haarextensions und Brustimplantate smalltalken. Da fühlte ich mich intellektuell unterfordert", sagt Schätzl.

Pfefferminztee statt Champagner

Aber um den Intellekt eines Teenie-Mädchens, das die Schule abgebrochen hat, geht es nicht auf dem roten Teppich. Wer berühmt werden will und keinen großen Film gedreht, keine erfolgreiche CD besungen und keine Fernsehshow moderiert hat, muss es mit der It-Girl-Strategie versuchen.

Sara Schätzl, Amtsgericht München, Verhandlung wegen Fahrerflucht

Sara Schätzl bei ihrer Verhandlung im Amtsgericht München wegen Fahrerflucht: "Es ging nur noch um die Schlagzeile."

(Foto: dpa/picture-alliance)

Diese Mädchen leben nicht von einer erkennbaren Leistung sondern von ihrer Medienpräsenz. In die Klatschspalten der Presse kommen sie durch gewagte Posen, weit ausgeschnittene Kleider, Kusshände und mehr oder weniger belanglose Geschichten.

Man muss schon sehr selbstbewusst sein, um sich so radikal wie Paris Hilton (Rolle: verwöhnte Hotel-Erbin) oder Daniela Katzenberger (Rolle: vermeintlich unterbelichtete Proll-Blondine) der Öffentlichkeit auszuliefern. Der Preis für die Titelseite ist die Aufgabe der Privatheit.

Sara Schätzl ist gut in dieser Disziplin, denn sie ist sich für nichts zu schade. In der Presse tauchen Fotos auf, die sie turtelnd mit dem Sänger Marc Terenzi im Europa-Park zeigen. Einmal verkauft sie ein Handyvideo, auf dem sie einen Bekannten ohrfeigt, an die Presse.

Und im Januar 2008 vermarktet sie selbst ein Gerichtsverfahren, in dem sie wegen Fahrerflucht angeklagt ist. Bei der Verhandlung trägt sie ein figurbetontes T-Shirt, auf dem die Forderung nach einem härteren Jugendstrafrecht abgedruckt ist. Heute gibt sie zu: "Es ging nur noch um die Schlagzeile. Nur noch darum, weiter zu existieren."

Der Zusammenbruch im P1 ist nun zwei Jahre her. Sara Schätzl sitzt im Münchner Hotel Bayerischer Hof. Inzwischen hat sie sich am Arm und am Rücken tätowieren lassen, die Haare sind hinten zusammengebunden, sie trägt Karohemd, Brille und nippt an einem Pfefferminztee. Sie hat ein neues Leben im Angebot. Ein Leben, zu dem Pfefferminztee besser passt als Champagner.

Ihre Stimme klingt ruhig und selbstbewusst. Die 24-Jährige spricht jetzt von ihren Depressionen und klingt plötzlich älter als sie in Wirklichkeit ist. Sie redet davon, wie sie Handynummer und E-Mail-Adresse gewechselt hat, zur Therapie getrottet ist, in der Firma ihrer Mutter arbeitete. "Anderthalb Jahre war ich von der Bildfläche weg. Ich war tot, tot, töter geht es nicht. Und ich wusste, vielleicht kann ich nie wieder zurück."

Künftig mehr Ultraschall- als Partybilder

Derzeit arbeitet Sara Schätzl als Autorin. Sie bloggt regelmäßig - und das im November 2011 erschienene Buch Glamourgirl, in dem sie witzig und mit viel Selbstironie ihre Erlebnisse in der Glitzerwelt niedergeschrieben hat, hat sich so gut verkauft, dass ein Nachfolgewerk bereits in Planung ist. Die Partys seien nicht mehr Mittelpunkt ihres Lebens, sagt sie. Doch sie kann das Gestern nicht abstreifen wie eine Designerjacke aus der Vorsaison. Nicht in dieser Branche.

Sara Schätzl ist noch immer Teil der Szene - vielleicht mit einem distanzierteren Blick auf das Ganze, aber ganz lassen davon will sie nicht. Und so lässt sie sich weiter fotografieren, kocht beim Perfekten Promi-Dinner auf Vox und redet bei RTL und Bild.de über ihre giftigen Brustimplantate. Denn die Silikonkissen, mit denen sie sich im Jahr 2010 die Oberweite vergrößern ließ, stammen von der französischen Skandalfirma PIP, sind aus Industrie-Silikon - und giftig.

Der Berichterstattung in den Regenbogenblättern kann man entnehmen, dass Schätzl die Implantate gerne entfernen lassen würde, dass das aber wegen ihrer Schwangerschaft nicht geht - schließlich sei eine Vollnarkose für das Kind zu gefährlich. "Schwanger! Sara Schätzl hat Angst vor Gift-Busen-OP", titelt Bild prompt. Sogar dem Spiegel ist die Geschichte ein Interview wert.

Die eigene Bekanntheit zu Geld zu machen, sei schwierig, erzählt sie im Bayerischen Hof - und redet davon, dass sie mit einer Aufzeichnung für das Perfekte Promi-Dinner mehr Geld verdiene als viele andere Menschen im gesamten Monat. "Durch die Medien interessieren sich viele Leute für mein Privatleben", erklärt Schätzl. "Ich kann Interviews geben und exklusive News über mich verkaufen."

Für die Interviews zu den Gift-Implantaten hat sie jedoch kein Geld verlangt. Auch die Schwangerschaft hätte sie nie an die Presse verkauft. "Beim Kind hört das Geschäft auf", sagt Sara Schätzl. Auf ihrer Facebook-Seite verspricht sie, dass es von ihr künftig mehr Ultraschall- als Partybilder gebe.

Und doch: Einen Boykott der Klatschpresse sieht ihr derzeitiges Geschäftsmodell nicht vor. Sie sagt, die Angst, sich angreifbar zu machen, habe sie längst überwunden. Deshalb erzähle sie alles, selbst das privateste Detail: "Meine Waffe ist die Ehrlichkeit."

Neulich hat sie auf einer Veranstaltung Bernd Herzsprung getroffen. Er meinte, er verfolge ihre Karriere, sagt sie, und er fände gut, was sie mache. Sara Schätzl lacht. "Das hat mir ziemlich viel bedeutet."

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