Islamzentrum in München:Delikate Standortsuche

Areal an der Herzog-Wilhelm-Straße in München, 2011

An der Herzog-Wilhelm-Straße und der Josephspitalstraße könnte das Zentrum für Islam in Europa entstehen.

(Foto: Robert Haas)

Der Stadtrat befürwortet ein Islamzentrum in München - wenn es denn für religiöse Toleranz steht. Neben der Finanzierung ist jedoch die Wahl des Platzes heikel. Er soll angemessen sein, aber nicht zu zentral. Ein OB-Kandidat wird erstaunlich deutlich.

Von Katja Riedel

Es ist politischer Konsens, dass in München ein Zentrum für Islam in Europa (Ziem) entstehen soll - zumindest die demokratischen Fraktionen des Stadtrates sind sich in diesem Ziel einig. Doch die Frage, wie zentral dieses Begegnungszentrum aus Moschee, islamischer Akademie, Bibliothek und Café tatsächlich im Herzen der Stadt liegen darf, wird immer delikater.

Denn das multireligiöse Viereck, das so mancher Befürworter schon aufgrund der Symbolik gerne in der Altstadt sähe und das sich aus den christlichen Kirchen, dem jüdischen Gemeindezentrum und dem Ziem zusammensetzen würde, scheint nach derzeitiger Lage weder praktisch noch politisch durchsetzbar zu sein.

Die Verwaltung hatte einen möglichen Standort an der Herzog-Wilhelm-Straße und der Josephspitalstraße zunächst ins Spiel gebracht. Doch dieser Standort ist Oberbürgermeister Christian Ude zufolge wohl inzwischen passé. "Die Symbolik, eine Moschee hinter dem Stachus zu bauen, passt nicht", sagte auch CSU-Fraktionschef und OB-Kandidat Joseph Schmid am Montag erstaunlich deutlich.

Diese zentrale Lage würde suggerieren, dass es den Islam schon immer gäbe in Deutschland. Doch er sei ein eher neues Phänomen der letzten 40 Jahre, sagte Schmid. Dies durch einen symbolträchtigen Standort etwa mit der Tradition eines jüdischen Gemeindezentrums gleichzusetzen, hält er für falsch. Das Ziem, das er unterstütze, brauche einen "angemessenen Platz", nicht am Rand, aber auch nicht in der Altstadt, in einem "neuen Quartier Münchens".

Als möglicher Standort wurde in den vergangenen Monaten auch ein Areal an der Dachauer Straße gehandelt. Über einen Alternativstandort will aber Schmid genauso wenig spekulieren wie SPD-Fraktionschef Alexander Reissl. Auch er "war noch nie ein Unterstützer dieses Standorts" am Stachus, sagt er. Er plädiert dafür, nicht in einem Gewerbegebiet, aber auch nicht in der Altstadt zu bauen. Über einen Standort wolle er aber erst wieder sprechen wenn die Finanzierung stehe. Das sieht auch die Grüne OB-Kandidatin Sabine Nallinger so. Sie will jedoch derzeit keinen der bisher ins Auge gefassten Standorte ausschließen.

Die Finanzierung muss der Verein Ziem selbst auf die Beine stellen - und zwar aus privaten Spendergeldern, ohne staatliche Zuschüsse. Seit mehr als einem Jahr bemühen sich Imam Benjamin Idriz und seine Unterstützer gemeinsam mit Bürgermeister Hep Monatzeder, der seitens der Stadt hilft, um einen Investor. Der Emir von Katar hat Interesse bekundet, die Moschee zu finanzieren und einen zweistelligen Millionenbetrag zu spenden - aber eine feste Zusage brachten Ude und Monatzeder auch in der vergangenen Woche nicht von einem politischen Gespräch mit Premierminister al-Thani mit, das sie am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz führten.

Es war nicht das erste Gespräch, zu dem die Stadtspitze, vor allem Monatzeder, sich mit Vertretern Katars traf. Diesmal ging es unter anderem auch um einen möglichen Bauplatz. Katar habe während des Gesprächs Sicherheitsbedenken gegen einen möglichen Moschee-Standort hinter dem Stachus erhoben, sagte Ude. Darunter befindet sich eine Tiefgarage, was auch Imam Idriz als Argument gelten lässt - anders als Vorbehalte symbolischer Art.

Die schüren vor allem sogenannte Islamkritiker, die Woche für Woche ihre Infostände in Fußgängerzonen aufbauen und Stimmung gegen das Ziem machen. Sie sammeln Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Sie sprechen, anders als sie vorgeben, zwar für keine schweigende Mehrheit. Trotzdem haben es die etablierten Parteien, je nach Lager, unterschiedlich schwer, mit dem Projekt und speziell der sensiblen Standortfrage umzugehen, ohne die eigenen Wähler zu verschrecken, räumen auch Unterstützer des Ziem ein.

Imam Idriz ist unglücklich, vorschnell mögliche Standorte aufzugeben. Er hängt nicht am Stachus, aber am Zentrum. Er braucht einen gut angebundenen Ort, nicht nur aus symbolischen Gründen. Denn bis zu einem Drittel der laufenden Kosten muss das Ziem später selbst erwirtschaften - etwa mit untervermieten Büros und einem Café.

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